Der Vermögenszuwachs, der bis zum Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht entstanden ist, hat nicht i. S. v. § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG aufgrund gesetzlicher Bestimmungen des Wegzugsstaats im Wegzugsstaat einer der Steuer nach § 6 AStG vergleichbaren Steuer unterlegen, wenn dort keine Steuer festgesetzt worden ist.
Hintergrund
X lebte in den Niederlanden und gründete dort in 1998 als Alleingesellschafter eine B. V. (Kapitalgesellschaft) mit einem Stammkapital von 18.000 EUR. Im Jahr 2006 zog er nach Deutschland. Im Jahr 2016 veräußerte er die im Privatvermögen gehaltene Beteiligung an der B. V.
Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG für 2016 berücksichtigte X als Anschaffungskosten einen Wert von 1,1 Mio. EUR.
Laut X handelte es sich bei diesem Wert um den von den niederländischen Steuerbehörden festgestellten Wert der Beteiligung für Besteuerungszwecke in den Niederlanden. Eigentlich hätte nach dem DBA NLD der Besteuerungswert beim Wegzug in einem Steuerbescheid (sog. Konservierungsbescheid) festgestellt und die darauf entfallende Steuer festgesetzt werden müssen. Dann wäre es nicht zu einer sofortigen Besteuerung, sondern zu einer Stundung gekommen, und nach 10 Jahren hätte die Steuer erlassen werden können. Allerdings unterblieb dieses Verfahren durch ein Versehen der niederländischen Steuerbehörden. Im Jahr 2016 einigte man sich dahingehend, dass die niederländische Finanzverwaltung den X so behandelte, als ob der Konservierungsbescheid ergangen wäre. Die niederländische Steuerbehörde bescheinigte deshalb, dass die Gesellschaft bei Wegzug mit einem Wert von 1,1 Mio. EUR der Besteuerung unterlegen habe.
Das Finanzamt lehnte dies ab und setzte als Anschaffungskosten lediglich das Stammkapital an. Unter Berücksichtigung des Teileinkünfteverfahrens berücksichtigte es einen Veräußerungsgewinn von 770.000 EUR. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass Voraussetzung für die Anwendung des § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG die tatsächliche Steuerzahlung war. Zwar hatte die niederländische Steuerbehörde den Wert der Beteiligung festgestellt. Sie hat auf diesen aber weder Steuern festgesetzt noch erhoben.
Das Finanzgericht wies die Klage ab.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof wies die Revision als unbegründet zurück und entschied, dass erhöhte Anschaffungskosten i. S. v. § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG zumindest einen Steuerbescheid des Wegzugsstaats mit Berechnung und Festsetzung der Steuer voraussetzen.
Mit § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG wird bei Zuzug eines Anteilsinhabers sichergestellt, dass bei der Ermittlung des Gewinns aus einer späteren Veräußerung von steuerverstrickten Anteilen nicht die ursprünglichen Anschaffungskosten, sondern der Wert, den der Wegzugsstaat einer § 6 AStG vergleichbaren Wegzugsbesteuerung unterworfen hat, berücksichtigt wird. Durch diese sog. Wertverknüpfung soll verhindert werden, dass der der Wegzugsbesteuerung unterworfene Wertzuwachs nicht nochmals besteuert wird. Dabei besteht keine Bindung der deutschen Finanzbehörde an die Steuerfestsetzung im ausländischen Wegzugsstaat. Das Finanzamt ist zur eigenständigen Prüfung berechtigt.
Der Wortlaut „unterlegen“ in § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG lässt zwar die Auslegung zu, dass es nicht auf die konkret festgesetzte und bezahlte, sondern auf die rechtlich vorgesehene ausländische Steuer ankommen soll. Bei der Rechtsfolge wird jedoch eine „Berechnung“ der der Steuer nach § 6 AStG vergleichbaren Steuer vorausgesetzt. Das bedeutet, dass zumindest ein Steuerbescheid des Wegzugsstaats mit Berechnung und Festsetzung der Steuer ergangen sein muss.
Dafür spricht auch, dass der Veräußerer nachweisen muss, dass der bis zum Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht entstandene Wertzuwachs einer entsprechenden Steuer unterlegen hat. Der Nachweis, dass die Steuer auch bezahlt worden ist, ist jedoch nicht erforderlich.
Die niederländische Steuerbehörde hat zwar den Wert der Anteile im Zeitpunkt des Wegzugs festgestellt. Sie hat jedoch für den Wertzuwachs in den Niederlanden weder Steuern berechnet noch festgesetzt. Der Wertzuwachs der Beteiligung hat daher in den Niederlanden keiner Steuer „unterlegen“.