Beschließen die Gesellschafter, dass die Gewinnanteile von Minderheitsgesellschaftern ausgeschüttet werden, aber der auf den Mehrheitsgesellschafter gemäß seiner Beteiligung entfallende Anteil am Gewinn nicht ausgeschüttet, sondern in eine gesellschafterbezogene Gewinnrücklage eingestellt wird, ist grundsätzlich steuerlich anzuerkennen, wenn die zivilrechtliche Vereinbarung wirksam ist.
Hintergrund
X war geschäftsführender Mehrheitsgesellschafter verschiedener GmbH. Deren jeweilige Satzung sah vor, dass der einem Gesellschafter nicht ausgeschüttete Gewinn auf einem personenbezogenen Rücklagenkonto gutgeschrieben wird und zu einem späteren Zeitpunkt an diesen Gesellschafter ausgeschüttet werden kann.
Für mehrere dieser GmbH stellten die Gesellschafter im Jahr 2012 die Jahresabschlüsse fest und entschieden sodann über die Verwendung und Verteilung der Bilanzgewinne. Hierzu stellten sie zunächst die Höhe der jeweils ausschüttbaren Gewinne fest. Im Weiteren beschlossen sie, dass die der jeweiligen Beteiligungshöhe entsprechenden Gewinnanteile der Minderheitsgesellschafter an diese ausgeschüttet wurden. Die ebenfalls der Beteiligungshöhe entsprechenden Anteile des X am Gewinn wurden hingegen nicht ausgeschüttet und den personenbezogenen Rücklagen zugeführt. In den Jahresabschlüssen wurden diese Rücklagen als Gewinnrücklagen im Eigenkapital der jeweiligen Gesellschaft ausgewiesen.
Das Finanzamt war der Meinung, dass dem X Einkünfte aus Kapitalvermögen zugeflossen waren, und erhöhte die Kapitalerträge entsprechend.
Dem folgte das Finanzgericht und entschied, dass die Anteile am Gewinn dem X als beherrschendem Gesellschafter bereits mit dem jeweiligen Beschluss über die Einstellung in das persönliche Rücklagenkonto zugeflossen waren.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof sah dies anders. Seiner Entscheidung nach hat das Finanzgericht fehlerhaft angenommen, dass gesellschaftsrechtlich zulässige und steuerlich anzuerkennende Beschlüsse über gespaltene bzw. inkongruente Gewinnverwendungen zum Zufluss von Gewinnanteilen führen. Es hat insbesondere nicht berücksichtigt, dass es aufgrund der Gesellschafterbeschlüsse bereits nicht zu Gewinnausschüttungen an den X gekommen ist, sodass sich die Frage des Zuflusses von Gewinnanteilen gar nicht stellt.
Im Gewinnverwendungsbeschluss entscheiden die Gesellschafter darüber, ob bzw. inwieweit der Gewinn der GmbH thesauriert oder ausgeschüttet wird. Der thesaurierte Gewinn kann in eine Gewinnrücklage eingestellt oder als Gewinn vorgetragen werden. Im Rahmen der Gewinnverteilung bestimmen sie darüber, ob der auszuschüttende Gewinn den Gesellschaftern entsprechend ihren Geschäftsanteilen zusteht oder ob er anteilsabweichend verteilt wird. Für spätere Ausschüttungen aus einer solchen gesellschafterbezogenen Gewinnrücklage, die als Unterkonto der Gewinnrücklage geführt wird, ist erneut ein Beschluss über die Gewinnverwendung zu fassen.
Im Rahmen der Gewinnverwendung können die Gesellschafter beschließen, dass nur die Anteile bestimmter Gesellschafter am Gewinn ausgeschüttet werden, während die Anteile anderer Gesellschafter am Gewinn nicht ausgeschüttet, sondern in gesellschafterbezogene Gewinnrücklagen eingestellt werden. Derart gespaltene Gewinnverwendungen sind gesellschaftsrechtlich zulässig, wenn sie nach der Satzung möglich sind und die Gesellschafter wirksam einen entsprechenden Beschluss fassen. Ein zivilrechtlich wirksamer Beschluss über eine gespaltene Gewinnverwendung, wonach die Gewinnanteile von Minderheitsgesellschaftern ausgeschüttet werden, der auf den Mehrheitsgesellschafter nach seiner Beteiligung entfallende Anteil am Gewinn hingegen nicht ausgeschüttet, sondern in eine gesellschafterbezogene Gewinnrücklage eingestellt wird, ist steuerlich anzuerkennen.
Hiervon ausgehend führt ein gesellschaftsrechtlich zulässiger und steuerlich anzuerkennender Beschluss über die gespaltene/inkongruente Gewinnverwendung nicht zur Gewinnausschüttung an den Gesellschafter, dessen Anteil am Gewinn thesauriert wird, und insoweit auch nicht zum Zufluss eines Gewinnanteils.
Die Revision des X war somit erfolgreich. Soweit eine Thesaurierung im Wege der Einstellung in eine personenbezogene Gewinnrücklage erfolgt ist, ist der Gewinn im Eigenkapital der Gesellschaft verblieben. Die gespaltene Gewinnverwendung führt nicht zur Ausschüttung des thesaurierten Gewinnanteils. Die zivilrechtlich wirksamen Gesellschafterbeschlüsse sind steuerlich anzuerkennen. Dass X beherrschender Gesellschafter war, steht der Anerkennung nicht entgegen.