An der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge bestehen keine Zweifel, meint das Finanzgericht Münster. Das gilt auch im Hinblick auf die schwerwiegenden verfassungsrechtlichen Zweifel bezüglich der Höhe des Zinssatzes bei den Nachzahlungszinsen nach § 233a AO.
Hintergrund
Die Antragstellerin beantragte den Erlass von Säumniszuschlägen. Das Finanzamt erließ diese jedoch nur zur Hälfte aus sachlichen Billigkeitsgründen wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der Antragstellerin. Darüber hinaus lehnte es den Antrag ab. Die Antragstellerin bezahlte die ausstehenden Säumniszuschläge vollständig.
In der Folge beantragte die Antragstellerin den Erlass eines Abrechnungsbescheids. Sie trug vor, dass sich die Säumniszuschläge nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Hälfte aus einem Druckmittel und zur Hälfte aus einen Zinsanteil zusammensetzten. Den Zinsanteil hält der Bundesfinanzhof aus sachlichen Billigkeitsgründen regelmäßig nicht für erlasswürdig. Denn dieser entspricht der steuerlichen Verzinsung bei späterer Fälligkeit der Steuer. Die Antragstellerin ist der Ansicht, wenn die Zinshöhe mit 6 % verfassungswidrig hoch sei, müsse dies auch für den Zinsanteil in den Säumniszuschlägen gelten.
Gegen den Abrechnungsbescheid, der die kraft Gesetzes entstandenen Säumniszuschläge und die hierauf entrichteten Zahlungen auswies, legte die Antragstellerin Einspruch ein, der jedoch erfolglos blieb. Den Antrag auf Aufhebung der Vollziehung lehnte das Finanzamt ebenfalls ab. Die Antragstellerin hat daraufhin Klage erhoben und Aufhebung der Vollziehung beim Finanzgericht beantragt.
Entscheidung
Das Finanzgericht gab der Antragstellerin Recht und entschied, dass nach summarischer Prüfung ernstliche Zweifel daran bestehen, dass das Finanzamt Säumniszuschläge nach § 240 Abs. 1 Satz 1 AO angesetzt hat.
Die Vorschrift des § 240 AO ist nach Auffassung des Finanzgerichts an sich verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. An der grundsätzlichen Verfassungsgemäßheit der Vorschrift ändert sich auch dadurch nichts, dass inzwischen gegen die Höhe des Zinssatzes bei sog. Nachzahlungszinsen schwerwiegende verfassungsrechtliche Zweifel bestehen.
Es gibt jedoch sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur schwerwiegende verfassungsrechtliche Bedenken, wenn die Säumniszuschläge wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit des Steuerpflichtigen teilweise zu erlassen sind. Die nicht erlassenen Säumniszuschläge dürften in diesen Fällen im Wesentlichen dem gleichen Zweck wie die Verzinsung dienen. Ob sich die Zweifel an der Vereinbarkeit der nach § 238 Abs. 1 Satz 1 AO festzusetzenden Zinsen auch auf § 240 AO übertragen ließen, wurde in der Rechtsprechung bisher uneinheitlich und noch nicht höchstrichterlich entschieden. In Anbetracht der unterschiedlichen Entscheidungen bestehen im vorliegenden Fall ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der im Abrechnungsbescheid ausgewiesenen Säumniszuschläge, da bei der Antragstellerin eine Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit vorlag.