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Erste Tätigkeitsstätte: Wenn der Arbeitnehmer den Büroraum selbst anmietet

Mietet ein Arbeitnehmer selbst einen Büroraum an, in dem er seiner beruflichen Tätigkeit nachgeht, kann es sich dabei trotzdem um eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers handeln. Das gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts oder kraft hoheitlicher Anordnung die Nutzung der Einrichtung durch den Arbeitnehmer bestimmen kann.

Hintergrund

Der Kläger G ist als Gerichtsvollzieher bei einem Amtsgericht Y beschäftigt, das 78 km vom Wohnort des G entfernt liegt. G wird im Gerichtsgebäude kein Büro zur Verfügung gestellt. An seinem Amtssitz beim Amtsgericht Y muss G auf eigene Kosten ein Büro unterhalten. G hat dazu mit weiteren Kollegen ein Gemeinschaftsbüro angemietet, in dem er einen Büroraum an 2 Wochentagen für 2 Stunden nutzt.

G machte für das Jahr 2015 die Fahrtkosten zum AG Y nach Reisekostengrundsätzen geltend. Das Finanzamt berücksichtigte lediglich die Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte.

Das Finanzgericht wies die Klage ab, da G dienstrechtlich zum Amtsgericht Y zugeordnet und zum Abholen der Vollstreckungsaufträge bei der dortigen Verteilerstelle verpflichtet war.

Entscheidung

Die Revision des G hatte keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof entschied, dass die von G geltend gemachten Fahrtkosten nur mit der Entfernungspauschale zu berücksichtigen sind. Seine erste Tätigkeitsstätte hatte G in den Dienstgebäuden des Amtsgerichts Y sowie in dem von ihm angemieteten Geschäftszimmer in Y.

Erste Tätigkeitsstätte ist u.a. die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Eine Einrichtung des Arbeitgebers liegt vor, wenn sie ihm zuzurechnen ist. Dabei können mehrere für sich betrachtet selbstständige betriebliche Einrichtungen eine erste Tätigkeitsstätte darstellen, wenn sie räumlich abgrenzbar in einem organisatorischen, technischen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit des Arbeitgebers stehen. Das kann auch bei einer Einrichtung, die der Arbeitnehmer aufgrund seiner Eigentümerstellung, seines obligatorischen oder dinglichen Rechts für die berufliche Tätigkeit nutzt, der Fall sein, soweit der Arbeitgeber kraft seines arbeits- oder dienstrechtlichen Direktionsrechts oder kraft hoheitlicher Anordnung bestimmenden Einfluss auf die Nutzung der Einrichtung für seine betrieblichen Zwecke ausüben kann. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören.

Hiervon ausgehend befand sich die erste Tätigkeitsstätte des G in den Dienstgebäuden des Amtsgerichts Y sowie außerdem in dem von G angemieteten Geschäftszimmer. Neben dem Dienstgebäude des Arbeitgebers gehört auch das von G angemietete Gemeinschaftsbüro zu der betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers. Auch wenn G das Gemeinschaftsbüro aus eigenem Recht für seine berufliche Tätigkeit nutzt, ist es gleichwohl aufgrund der öffentlich-rechtlichen Regelung des Dienstverhältnisses dem Dienstherrn bzw. Arbeitgeber als betriebliche Einrichtung zuzurechnen. Denn die Ausstattung des Geschäftszimmers ist im Einzelnen geregelt und wird vom Amtsgericht Y geprüft. Die Dienstgebäude des Amtsgerichts Y und das angemietete Büro des G stehen in einem räumlichen und organisatorischen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit des Arbeitgebers. Sie stellen daher eine zusammengefasste ortsfeste betriebliche Einrichtung dar. G war dieser Tätigkeitsstätte nach den dienstrechtlichen Vorschriften zugeordnet und wurde dort mit der Tätigkeit im Büro und dem Abholen der Vollstreckungsaufträge beim Amtsgericht Y in dem für das Vorliegen einer ersten Tätigkeitsstätte hinreichenden Umfang tätig.