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Verhinderung an der Ausbildung wegen Erkrankung: Gibt es weiterhin Kindergeld?

Ein volljähriges Kind kann auch dann als ausbildungsplatzsuchendes Kind zu berücksichtigen sein, wenn es wegen einer Erkrankung keine Berufsausbildung beginnen kann. Dies gilt jedoch nur dann, wenn das Ende der Erkrankung absehbar ist.

Hintergrund

Sohn P brach in der 11. Klasse die Schule ab, nachdem er bereits seit Jahren Drogen genommen hatte. Seit Frühjahr 2015 befand er sich in Therapie. Im Juni 2017 hatte sich sein Zustand soweit verbessert, dass er ein Praktikum absolvieren konnte.

Im Juli 2017 beantragte der Vater V Kindergeld für P. Er legte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für P vor sowie eine Erklärung des P, dass er sich um einen Ausbildungsplatz bewerben werde. Aus ärztlichen Nachweisen ging hervor, dass P seit September 2016 erkrankt und das Ende der Erkrankung nicht absehbar bzw. zunächst auf Jahresende 2017 anzunehmen war.

Die Familienkasse lehnte Kindergeld für August 2015 bis Mai 2017 ab. Das Finanzgericht gab der Klage statt. Für ein Kind, das seine Ausbildung wegen einer Erkrankung nicht fortsetzen kann, wird Kindergeld gezahlt. Das Gleiche muss gelten, wenn eine Ausbildung wegen einer Erkrankung gar nicht begonnen oder gesucht werden kann.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied dagegen, dass die allgemeine Ausbildungswilligkeit des Kindes nicht ausreicht. Ein Kind wird im Rahmen des Kindergeldes berücksichtigt, wenn es eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann. Kinder, die einen Ausbildungsplatz suchen, sollen mit denen, die bereits einen Ausbildungsplatz gefunden haben, gleichgestellt werden. Dies setzt aber voraus, dass der Beginn der Ausbildung nicht an anderen Umständen als dem Mangel eines Ausbildungsplatzes scheitert. In der Person des Kindes liegende Gründe, die der Berufsausbildung entgegenstehen, schließen daher die Berücksichtigung beim Kindergeld aus, z. B. wenn die Voraussetzungen für den angestrebten Studiengang nicht erfüllt sind.

Ist ein Kind aus Krankheitsgründen gehindert, einen Ausbildungsplatz zu suchen, reicht die allgemeine, auf eine künftige Berufsausbildung gerichtete Ausbildungswilligkeit für die Berücksichtigung eines Kindes nicht aus. Vielmehr muss das Ende der Erkrankung absehbar sein. Denn nach einer gewissen Zeit schließt die krankheitsbedingte Unterbrechung der Suche nach einem Ausbildungsplatz die Berücksichtigung des Kindes als arbeitsplatzsuchend aus.

Hiervon ausgehend war P unter dem Gesichtspunkt der Ausbildungsplatzsuche nicht zu berücksichtigen. Die Zeit bis zur Aufnahme einer künftigen Berufsausbildung war keine Frage von Wochen oder Monaten. Vielmehr war das Ende der Erkrankung nicht absehbar. Somit war auch der Beginn einer Berufsausbildung nicht absehbar.

Der Bundesfinanzhof verwies den Fall an das Finanzgericht zurück. Dieses hat zu prüfen, ob P als behindertes Kind berücksichtigt werden kann. Denn die Voraussetzungen einer Behinderung sind regelmäßig erfüllt, wenn das Ende einer Beeinträchtigung, die ein Kind daran hindert, sich um eine Berufsausbildung zu bemühen, nicht absehbar ist.