Beiträge an einen Solidarverein sind als Sonderausgaben abzugsfähig. Das gilt allerdings nur, wenn auf die Leistungen des Vereins ein Rechtsanspruch besteht.
Hintergrund
A ist freiberuflich tätig und zahlt für ihre Absicherung im Krankheits- und Pflegefall Beiträge an einen eingetragenen Verein V. Der V ist eine aufsichtsfreie Personenvereinigung gem. Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und keine Krankenkasse oder Krankenversicherung. Die Mitglieder sichern sich gegenseitig verbindlich eine umfassende flexible Krankenversorgung zu, die mindestens dem Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht. Die einkommensabhängigen Beiträge der Mitglieder werden zur Hälfte einem Individualkonto des Mitglieds gutgeschrieben. Die Auszahlung dieses Guthabens kann das Mitglied zur Deckung seiner Krankheitskosten verlangen. Die andere Hälfte der Beiträge wird einem Solidarfonds gutgeschrieben, aus dem weitere Unterstützungen (auch zur Hilfe im Pflegefall) an die Mitglieder erbracht werden können. Ein Anspruch auf Auszahlung besteht nur in Fällen der medizinischen Notwendigkeit. Diese soll dem individuellen Bedarf entsprechen, wobei mindestens das Leistungsniveau der gesetzlichen Pflege- oder Krankenversicherung erreicht werden soll. In anderen Fällen entscheidet der Vorstand nach pflichtgemäßem Ermessen.
A machte die an V gezahlten Beiträge als Sonderausgaben geltend. Der für Vorsorgeaufwendungen geltende Höchstbetrag war bereits durch anderweitige Aufwendungen ausgeschöpft.
Da V ihrer Ansicht nach kein begünstigter Versicherungsträger war, verweigerten sowohl Finanzamt als auch Finanzgericht den Abzug.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Zur Begründung führten die Richter aus: Selbst wenn V als „Versicherungsunternehmen“ anzusehen wäre, würde ein Sonderausgabenabzug voraussetzen, dass dieses Unternehmen das Versicherungsgeschäft im Inland betreiben darf oder ihm die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland erteilt ist. Nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz bedürfen Versicherungsunternehmen der Erlaubnis der Aufsichtsbehörde, die für V jedoch nicht erteilt war. Auch lagen die Voraussetzungen etwaiger Ausnahmetatbestände nicht vor.
Der Anwendungsbereich des § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Satz 2 EStG beschränkt sich nicht auf Einrichtungen mit Sitz außerhalb des EU-/EWR-Raums. Aus dem Wortlaut folgt kein Ausschluss von Einrichtungen, die ihren Sitz im EU-/EWR-Raum haben. Im Gegenteil lässt die Bezugnahme gerade auf Normen des deutschen Sozialversicherungs- bzw. Privatversicherungsrechts erkennen, dass auch deutsche Einrichtungen erfasst sind. Aus der Einleitung („Darüber hinaus“) der Norm folgt nichts anderes. Dadurch sollen die begünstigten Versorgungsträger über die Beschränkungen auf „Versicherungsunternehmen“ hinaus auch auf bestimmte „Einrichtungen“ erweitert werden. Ein einkommensteuerrechtlicher Ausschluss von Einrichtungen mit Sitz in EU-/EWR-Staaten ist hier nicht gewollt.
Im zweiten Rechtsgang vor dem Finanzgericht wird es darauf ankommen, ob es sich bei V um eine Einrichtung handelt, die eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall gewährt und ob auf die Leistungen des V ein Anspruch besteht.