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Ungleichbehandlung von Anteilseignern einer EU-Kapitalgesellschaft?

Inländische Anteilseigner einer Drittstaatenkapitalgesellschaft können im Rahmen des Steuerfestsetzungsverfahrens den Nachweis führen, dass ein bestimmter Bezug als Einlagenrückgewähr zu qualifizieren ist. Ausschüttungen an inländische Gesellschafter einer EU-Kapitalgesellschaft gelten jedoch stets als Gewinnausschüttung, wenn die EU-Kapitalgesellschaft kein Feststellungsverfahren gem. § 27 Abs. 8 KStG betreibt. Der Bundesfinanzhof hat diesbezüglich keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Hintergrund

Kann eine steuerfreie Einlagenrückgewähr von einer EU-Auslandskapitalgesellschaft nur über einen Antrag beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) geltend gemacht oder kann der Nachweis wie im Fall von Drittstaatengesellschaften – auch vom Anteilseigner selbst bei der Einkommensteuer-Veranlagung erbracht werden? Strittig war auch, ob die vom Anteilseigner X im Jahr 2011 aus einer österreichischen AG bezogene Ausschüttung aufgrund einer Einlagenrückgewähr einen steuerbaren Kapitalertrag darstellt.

Das Finanzamt jedenfalls ging von der Steuerpflicht aus. Die AG hatte trotz Aufforderung durch X beim BZSt keinen Antrag auf Feststellung gestellt, dass es sich um eine Einlagenrückgewähr handelte.

X war der Ansicht, dass er schlechter gestellt wird als der Anteilseigner einer Drittstaatengesellschaft, der den Nachweis ohne ein gesondertes Feststellungsverfahren erbringen kann. Wenn die EU-Kapitalgesellschaft das Feststellungsverfahren nicht betreibt, müsste der Anteilseigner den Nachweis der Einlagenrückgewähr persönlich führen können.

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof folgte den Argumenten des X nicht und wies die Revision zurück. Nach Ansicht der Richter lag keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Anteilseignern einer EU-Kapitalgesellschaft gegenüber Anteilseignern einer Drittstaatenkapitalgesellschaft vor. Die Kapitalverkehrsfreiheit war ebenfalls nicht verletzt.

Die unterschiedlichen Möglichkeiten der Anteilseigner von Drittstaatenkapitalgesellschaften und EU-Kapitalgesellschaften, eine Einlagenrückgewähr individuell im Veranlagungsverfahren nachweisen zu können, sind sachlich gerechtfertigt, da sich beide Anteilseignergruppen in einer verfahrensrechtlich nicht vergleichbaren Ausgangslage befinden. Es lag im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, den Nachweis einer Einlagenrückgewähr bei EU-Kapitalgesellschaften – wie bei Inlandskapitalgesellschaften – einem von der Kapitalgesellschaft zu betreibenden Feststellungsverfahren zuzuweisen. Hätte der Gesetzgeber wie bei Drittstaatengesellschaften nur für Anteilseigner einer EU-Kapitalgesellschaft ein vom Feststellungsverfahren losgelöstes zusätzliches Nachweisverfahren im Steuerfestsetzungsverfahren anerkannt, hätte dies gegenüber dem Anteilseigner einer Inlandskapitalgesellschaft, dem ein solcher Nachweis verwehrt ist, eine Ungleichbehandlung begründet, für die keine Rechtfertigung ersichtlich ist.

Ob aufgrund der fehlenden individuellen Nachweismöglichkeit einer Einlagenrückgewähr für Anteilseigner von EU-Kapitalgesellschaften ein Verstoß gegen die unionsrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit vorliegen könnte, sah der Bundesfinanzhof nicht als entscheidungserheblich an. Selbst wenn man X diese Möglichkeit zubilligen würde, waren keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Ausschüttung der AG als Einlagenrückgewähr zu beurteilen sein konnte. Damit kommt es auch auf die Frage nicht an, ob X nach den Vorgaben der Kapitalverkehrsfreiheit der Nachweis einer Einlagenrückgewähr im Steuerfestsetzungsverfahren einzuräumen ist. X leitete allein aus der gewählten Behandlung der Ausschüttung als Einlagenrückgewähr nach österreichischem Recht ab, dass diese Behandlung für die Besteuerung in Deutschland zu übernehmen war. Die Beurteilung als Einlagenrückgewähr nach ausländischem Recht zwingt jedoch nach den Vorgaben der Kapitalverkehrsfreiheit nicht dazu, diese Beurteilung für die inländische Besteuerung zu übernehmen.