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Vollstreckungsaufschub auch für Steuerschulden aus Zeiten vor der Corona-Pandemie?

Für Steuernachzahlungen besteht während der Corona-Pandemie Vollstreckungsschutz. Das gilt auch für Steuerrückstände aus der Zeit vor der Pandemie. Die Rückstände brauchen also nicht die Folge der Pandemiebetroffenheit zu sein.

Hintergrund

Der Antragsteller betreibt einen Imbiss. Aufgrund einer Außenprüfung erließ das Finanzamt im Dezember 2019 geänderte Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide für die Vorjahre mit erheblichen Steuernachzahlungen. Im März 2020 kündigte das Finanzamt die Vollstreckung an und ergriff in der Folge diverse Vollstreckungsmaßnahmen. Den Antrag v. 27.6.2020 auf Vollstreckungsaufschub lehnte das Finanzamt ab. Das BMF-Schreiben v. 19.3.2020, mit dem der Vollstreckungsaufschub geregelt wird, gilt nach Ansicht des Finanzamts nicht für Rückstände aus der Zeit vor dessen Verkündung. Mit seinem Antrag auf Erlass einer einsteiligen Anordnung begehrte der Antragsteller weiterhin Vollstreckungsaufschub. Er ist der Auffassung, dass das BMF-Schreiben v. 19.3.2020 auch für Rückstände aus der Zeit vor der Pandemie gilt.

Entscheidung

Der Antrag hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass zwar ein Anordnungsgrund vorliegt, es an einem Anordnungsanspruch fehlte. Der Anwendungsbereich des BMF-Schreibens ist grundsätzlich eröffnet, denn der Antragsteller war unmittelbar und nicht unerheblich durch das Coronavirus betroffen. Entgegen der Auffassung des Finanzamts gilt das BMF-Schreiben v. 19.3.2020 auch für Rückstände aus der Zeit vor der Pandemie.

Voraussetzung für einen Vollstreckungsaufschub ist jedoch, dass dem Steuerpflichtigen ein unangemessener Nachteil durch die Vollstreckung droht. Ein solcher kann nur drohen, wenn der Steuerpflichtige die Steuerschuld nicht mit vorhandenen Mitteln begleichen kann. Daher muss der Antragsteller darlegen und glaubhaft machen, dass er zur Begleichung der Steuerschuld nach seinen Vermögensverhältnissen aktuell nicht in der Lage ist.

Auch von der Pandemie nachhaltig negativ betroffene Steuerschuldner, also solche mit Einkommensreduzierungen im Vergleich zu der Zeit vor der Pandemie, die nach ihren allgemeinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen ihre Steuerschulden aber gleichwohl bezahlen können, müssen dies weiterhin – trotz Pandemie – tun.

Trotz Pandemie hat aber ein Steuerpflichtiger keinen Anspruch auf Vollstreckungsaufschub, wenn er nicht glaubhaft macht, nach seinen aktuellen Vermögensverhältnissen zur Begleichung der offenen Steuern aktuell nicht in der Lage zu sein. Im vorliegenden Fall fehlte es an dieser Glaubhaftmachung, da der Antragsteller ein Schließfach bei der Bank unterhielt und trotz wiederholter Aufforderung dem Finanzamt den Zugang zu diesem Schließfach verweigert hat.