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Kann bei Direktversicherungen die Fünftelregelung angewendet werden?

Die Begünstigung einer Einmalzahlung durch die Fünftelregelung setzt voraus, dass die Zahlung für den betreffenden Lebens-, Wirtschafts- und Regelungsbereich atypisch ist. Ob dies auch für Einmalzahlungen aus vorzeitig gekündigten Direktversicherungen gilt, war Gegenstand eines Verfahrens beim Bundesfinanzhof.

Hintergrund

X erzielte im Jahr 2016 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und erhielt außerdem von einer Pensionskasse eine Einmalzahlung in Höhe von rund 26.000 EUR. Diese besteuerte das Finanzamt in vollem Umfang als sonstige Einkünfte.

Der Einmalzahlung lagen 2 Rentenversicherungsverträge (Direktversicherungen) zugrunde, die die früheren Arbeitgeber als Versicherungsnehmer für X abgeschlossen hatten und die durch Entgeltumwandlung finanziert wurden. Die Beiträge wurden nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei gestellt. Die Auszahlung der Altersrenten zugunsten des versicherten Klägers sollte im Jahr 2032 beginnen.

Im Jahr 2015 wurden die Verträge zunächst beitragsfrei gestellt, später auf Wunsch des X gekündigt und mit Wirkung zum 1.1.2016 aufgelöst und ausgezahlt. Das Finanzamt lehnte die Anwendung der Fünftelregelung ab.

Das Finanzgericht gab der Klage statt. Denn die Auszahlung war seiner Ansicht nach atypisch, da wegen Unverfallbarkeit eine Kündigung eigentlich ausgeschlossen gewesen war. Außerdem entsprach die Auszahlung vor dem Erreichen der Altersgrenze nicht dem typischen Ablauf von Altersvorsorge-Verträgen.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Der ermäßigte Steuersatz der Fünftelregelung erfordert – neben den „Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten“ – zur Einschränkung des eher zu weit gefassten Wortlauts zusätzlich die „Außerordentlichkeit“ der Einkünfte. Dabei ist das Kriterium der Atypik als entscheidend anzusehen. Die Begünstigung einer Einmalzahlung setzt danach voraus, dass die Zahlung für den betreffenden Lebens-, Wirtschafts- und Regelungsbereich atypisch ist. Ob darüber hinaus in dem Vertrag die Möglichkeit einer Kapitalabfindung bereits von Anfang an vorgesehen war oder nicht, stellt sich lediglich als ein Indiz dafür dar, ob eine Kapitalabfindung im betreffenden Lebens- oder Wirtschaftsbereich typisch oder atypisch ist.

Dass nach den Vertragsbedingungen eine Kündigung nicht möglich war, führt für sich allein nicht zur Außerordentlichkeit. Im vorliegenden Fall lag in der Akzeptanz der Kündigung ein Aufhebungsvertrag. Ein solcher konnte zwischen der Versicherungsgesellschaft und dem Versicherungsnehmer (Arbeitgeber) im Einverständnis der versicherten Person (X) auch ohne ausdrückliche Regelung in den Versicherungsverträgen geschlossen werden. Die Kündigung bzw. Aufhebung nach eingetretener Unverfallbarkeit der Anwartschaft widersprach auch nicht dem Betriebsrentengesetz (BetrAVG). Die bereits unverfallbare Versorgungsanwartschaft des X wurde einvernehmlich durch die Auszahlung des Rückkaufswertes abgefunden.

Die Frage der Atypik ist im Rahmen der betrieblich und steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge auf der Grundlage empirisch-statistischer Daten wertend zu beantworten. Für die wertende Beurteilung der Einmalzahlung ist auf sämtliche Versicherungsverträge abzustellen, die zu zu versteuernden Leistungen aus Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen führen und die während der Geltung der im Streitjahr maßgebenden Rechtslage durch eine einmalige Kapitalabfindung bei Rentenbeginn oder vorzeitig durch Kündigung bzw. durch sonstige Vertragsauflösung mit der Folge einer Auszahlung des Rückkaufswertes beendet worden sind. Nicht einzubeziehen sind Altersvorsorgeverträge.

Mangels statistischen Materials konnte der Bundesfinanzhof nicht beurteilen, ob es nur in atypischen Einzelfällen zur Kapitalabfindung bei Rentenbeginn bzw. zur vorzeitigen Beendigung von Versicherungsverträgen aus dem Bereich der betrieblichen Altersversorgung durch Kündigung oder sonstige Aufhebung verbunden mit einer Auszahlung des Rückkaufswertes kommt oder nicht. Dies wird das Finanzgericht im zweiten Gang feststellen müssen.