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Steuerhinterziehung: Kann der Vorsteuerabzug bei Fahrlässigkeit versagt werden?

Der Vorsteuerabzug kann versagt werden, wenn der Erwerber wusste oder hätte wissen müssen, dass er mit seinem Erwerb in eine Hinterziehung von Umsatzsteuer einbezogen war. Voraussetzung hierfür ist, dass zumindest Fahrlässigkeit vorliegt.

Hintergrund

Das Finanzamt versagte dem Kläger den Vorsteuerabzug aus Edelmetalleinkäufen. Aufgrund einer Steuerfahndung hatte sich herausgestellt, dass es sich bei den Rechnungsstellern um in ein System zur Umsatzsteuerhinterziehung einbezogene sog. Missing Trader handelte. Diese erstellten nur sog. Abdeckrechnungen über nicht erbrachte Lieferungen. Der Kläger war jedoch der Auffassung, dass keine Beteiligung an einem Kettenbetrugsgeschäft vorlag.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass ein Vorsteuerabzug nicht gewährt werden konnte, sich das Gericht nicht mit der notwendigen Gewissheit davon überzeugen konnte, dass die vermeintlichen Lieferer tatsächlich die Lieferungen getätigt hatten. Für den Vorsteuerabzug muss der Unternehmer u. a. eine ausgestellte Rechnung mit dem vollständigen Namen des Leistenden besitzen. Der Vorsteuerabzug setzt die Identität zwischen leistendem Unternehmer und Rechnungsaussteller voraus – was vorliegend nicht gegeben war. Auch wurde in den Gutschriften nicht der vollständige Name des Leistenden angegeben. Darüber hinaus bestanden erhebliche Zweifel an der postalischen Erreichbarkeit des Rechnungsstellers unter der angegebenen Rechnungsanschrift.

Angesichts der von der Steuerfahndung festgestellten Geschehensabläufe bestanden erhebliche Zweifel, dass die vermeintlichen “Lieferanten” des Klägers überhaupt in ausreichendem Umfang Altgold bezogen hatten, um es an den Kläger zu liefern. So hätten die vermeintlichen Lieferanten nicht wie übliche Handelsfirmen für sich geworben, hätten nur bei einem Lieferanten Altgold bezogen und auch nur an einen Abnehmer geliefert. Damit der tatsächliche Lieferer ihre Erlöse nicht der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen habe, seien von dem vermeintlichen Lieferer Abdeckrechnungen zur Verschleierung der tatsächlichen Herkunft des Edelmetalls ausgestellt worden.

Selbst wenn die Rechnungsaussteller tatsächlich an den Kläger geliefert haben sollten, steht dem Kläger das Recht auf Vorsteuerabzug nicht zu, da er nach Überzeugung des Gerichts hätte wissen müssen, dass die betreffenden Umsätze in die insoweit von anderen begangene Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen waren.

Hätte der Kläger vorliegend mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns gehandelt, hätten ihm Zweifel an seinen Lieferanten kommen müssen, da die Lieferanten ihn in exponentieller Art und Weise förmlich mit Altgoldlieferungen überrannten und dabei auch weite Anfahrten in Kauf nahmen, statt Scheideanstalten in räumlicher Nähe aufzusuchen. Die vermeintlichen Lieferanten erbrachten erhebliche Edelmetallmengen ohne jegliche Sicherheiten und ein vermeintlicher Lieferant betrieb zwar einen Mietwagen- und Krankenfahrdienst, lieferte aber trotzdem Altgold in erheblichem Umfang an.

Auch teilte die Creditreform dem Kläger mit, dass den vermeintlichen Lieferern Kredite abgelehnt und deshalb von einer Geschäftsverbindung abgeraten würde. Diese Information hätte dem Kläger Anlass geben müssen, zumindest weitere Erkundigungen gegenüber seinen Vorlieferanten und über die Herkunft der Edelmetalle einholen zu müssen – was aber nicht erfolgte.