Wird eine Verpflichtung in ihrer wirtschaftlichen Belastungswirkung von einem eigenbetrieblichen Interesse vollständig überlagert, ist der Ansatz einer Verbindlichkeitsrückstellung ausgeschlossen. Dies gilt z. B. bei der Verpflichtung zur Räumung eines Baustellenlagers bei Vertragsende.
Hintergrund
Die X-GmbH ist im Gerüstbau bei Großindustrieanlagen tätig. Sie errichtete auf dem Gelände der Auftraggeber Lager mit dem für die Abwicklung der Aufträge benötigten Material. X verpflichtete sich gegenüber den Auftraggebern, die von diesen zur Verfügung gestellten Plätze bei Vertragsende in den Zustand zum Vertragsbeginn zu versetzen.
Ab dem Jahr 2004 bildete X eine Rückstellung für die künftigen Kosten der Räumung des auf den Baustellen gelagerten Materials.
Das Finanzamt und das Finanzgericht versagten die Rückstellung, da die Leistungspflicht der X gegenüber den Auftraggebern von dem eigenbetrieblichen Interesse der X überlagert wurde.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof sah das genauso und wies die Revision der X zurück.
Die Verbindlichkeitsrückstellung dient dazu, am Bilanzstichtag verursachte potenziell gewinnmindernde Faktoren zu berücksichtigen. Der Ansatz als Verbindlichkeitsrückstellung setzt eine Verpflichtung voraus, die gegenüber einer dritten Person besteht (sog. Außenverpflichtung) und als erzwingbarer Anspruch eine wirtschaftliche Belastung darstellt.
Auch bei Bestehen einer ausreichend bestimmten Außenverpflichtung sind allerdings die wirtschaftlichen Interessen des Leistungsverpflichteten und des Anspruchsberechtigten zu gewichten. Im Einzelfall kann das überwiegende eigenbetriebliche Interesse als das wirtschaftlich auslösende Moment der Belastung zu werten sein.
Wird eine bestehende Außenverpflichtung durch ein eigenbetriebliches Interesse bei wirtschaftlicher Betrachtung vollständig überlagert, liegt damit der Sache nach eine nicht ansetzbare sog. Aufwandsrückstellung vor.
Deshalb konnte im vorliegenden Fall eine Rückstellung für die Räumung und den Abtransport des Gerüstbaumaterials nicht gewährt werden. Das eigenbetriebliche Interesse der X an der Auflösung der Lager war wirtschaftlich so bedeutend, dass die zivilrechtliche Räumungsverpflichtung in vollem Umfang überlagert wurde. Die Grundstücksräumung stand in untrennbarem Zusammenhang mit dem Rücktransport des Materials in das Zentrallager zur Verwendung auf weiteren Baustellen.