Bei einer Gesamtrechtsnachfolge zählt für die Kleinunternehmerregelung nicht der Vorjahresumsatz des Rechtsvorgängers, sondern der voraussichtliche Umsatz des Erwerbers. Für die Bestimmung des Erstjahres kommt es auch nicht auf die Ausführung tatsächlicher Umsätze an.
Hintergrund
Im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung beim Finanzamt meldete der Kläger eine Neugründung zum 1.1.2014 an und schätzte die Umsätze für das Jahr 2014 auf 15.000 EUR. Deshalb erteilte der Kläger für 2014 Rechnungen ohne offen ausgewiesene Umsatzsteuer mit dem Hinweis auf die Kleinunternehmerregelung.
Das Finanzamt wendete die Kleinunternehmerregelung für 2014 jedoch nicht an und besteuerte die Umsätze mit 19 %. Seiner Ansicht nach war die für das Neugründungsjahr maßgebliche voraussichtliche Umsatzgrenze von 17.500 EUR mit tatsächlich 94.612 EUR Umsatz deutlich überschritten worden. Dies war bei Beginn der Gewerbetätigkeit am 1.1.2014 klar erkennbar gewesen, da der Kläger den Online-Handel seiner Ehefrau übernommen hatte.
Der Kläger war jedoch der Ansicht, dass er das Unternehmen schon im Jahr 2013 durch Wareneinkäufe gegründet hatte. Für 2014 war deshalb die voraussichtliche Umsatzgrenze von 50.000 EUR maßgeblich, deren Überschreitung nicht absehbar gewesen war.
Entscheidung
Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Der Kläger durfte im Jahr 2014 die Kleinunternehmerregelung zu Recht angewendet. Die unternehmerische Tätigkeit beginnt bereits mit sog. Vorbereitungshandlungen, wenn diese nach den Umständen des Einzelfalls objektiv erkennbar der Vorbereitung der beabsichtigten Tätigkeit dienen.
Aufgrund von Vorbereitungshandlungen durch Einkäufe war der Kläger bereits 2013 Unternehmer geworden, sodass 2013 als Erstjahr im Sinne der Kleinunternehmerregelung anzusehen war. Daher war der Kläger 2014 Kleinunternehmer, da sein Bruttoumsatz des Vorjahres 2013 17.500 EUR nicht überstieg und im laufenden Jahr 2014 50.000 EUR voraussichtlich nicht übersteigen wird.
Der Kläger bestellte auf seinen Namen Ware, die ihm am 30.12.2013 geliefert wurde. Auch meldete er bereits im Jahr 2013 seinen Account auf der Verkaufsplattform an, über die ab 2014 die Verkäufe erfolgten. Im Jahr 2013 meldete der Kläger auch sein Gewerbe an. Dass hier und im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung als Beginn der Tätigkeit der 1.1.2014 angegeben wurde, war für die Richter nicht maßgeblich, da im Jahr 2013 Vorbereitungshandlungen erfolgten.
Die Überschreitung der Grenze von 50.000 EUR war zudem unschädlich, da dies zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht absehbar war und die vom Kläger insoweit vorgenommene Prognose zu Beginn des Jahres von einem Umsatz unterhalb der maßgeblichen Grenze von 50.000 EUR nicht zu beanstanden war. Die Prognose des Unternehmers ist nur dann nicht maßgebend, wenn bereits zu Jahresbeginn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aufgrund zwingender Indizien von einem Überschreiten ausgegangen werden muss. Angesichts der von seiner Ehefrau im Jahr 2013 durch ein vergleichbares Gewerbe erzielten Umsätze von 40.404 EUR erschien diese Prognose nachvollziehbar.
Für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung war ebenfalls nicht schädlich, dass der Kläger das eingestellte Unternehmen seiner Ehefrau übernommen hatte. Nicht der Vorjahresumsatz des Rechtsvorgängers, sondern der voraussichtliche Umsatz des Erwerbers ist nämlich maßgebend.