Befindet sich ein Steuerpflichtiger mit der Einkommensteuer im Rückstand, können auch Empfänger von unentgeltlichen Zuwendungen dafür in Anspruch genommen werden. Laufende Kosten für ein Einfamilienhaus, das der Steuerpflichtige mit seinem Ehegatten bewohnt, stellen jedoch keine unentgeltlichen Zuwendungen dar, wenn das Haus im Alleineigentum des Ehegatten steht.
Hintergrund
Die Ehefrau F wurde im Jahr 2010 mit ihrem Ehemann M zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie wohnten gemeinsam mit ihren 2 minderjährigen Kindern in einem Einfamilienhaus. An diesem waren sie zunächst hälftige Miteigentümer. Im Jahr 2005 nahmen sie gemeinschaftlich ein Finanzierungsdarlehen auf. Im Jahr 2007 übertrug M seinen Miteigentumsanteil an F, diese übernahm auch die auf dem Grundstück lastenden Grundschulden. Der Zins- und Tilgungsdienst sowie das Darlehen selbst verblieben anteilig bei M.
Auf Antrag der F teilte das Finanzamt die Einkommensteuer 2010 auf. Dabei entfielen 100 % des rückständigen Betrags auf M. Zugleich nahm das Finanzamt die F in Höhe von 53.000 EUR in Anspruch. Nach Ansicht des Finanzamts erbrachte M neben einem unstreitigen Zahlungsbetrag in Höhe von 9.000 EUR dadurch, dass er sämtliche Aufwendungen für das Einfamilienhaus trug, weitere unentgeltliche Zuwendungen in Höhe von 44.000 EUR an F.
Das Finanzgericht gab der Klage im Umfang des streitigen Betrags von 44.000 EUR statt.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof bestätigte das Finanzgerichtsurteil im Ergebnis und entschied, dass Zuwendungen des M an F vorlagen.
Zur Begründung führten die Richter aus: Eine Zuwendung i. S. d. § 278 Abs. 2 Satz 1 AO ist jede Übertragung eines Vermögensgegenstands aus dem Verfügungsbereich eines Gesamtschuldners in den Verfügungsbereich des anderen Gesamtschuldners (Vermögensverschiebung). Eine Bereicherung des Empfängers ist gegeben, wenn dieser über das Zugewendete im Verhältnis zum Leistenden tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann. Eine Zuwendung erfolgt zudem unentgeltlich, wenn sie ohne eine Gegenleistung oder ohne die marktübliche Gegenleistung erfolgt. Maßgebend ist die objektive Unentgeltlichkeit, die nicht durch subjektive, im Eheverhältnis liegende Motive für die Zuwendung in Frage gestellt werden kann.
Mit den Zahlungen auf das gemeinsam aufgenommene Darlehen erbrachte M keine Zuwendung an F. Denn er leistete auf seine eigene Schuld. Dazu war er als Darlehensnehmer und Gesamtschuldner gegenüber der Bank verpflichtet. Diese Zahlungen wirkten zwar auch zugunsten der F, weil diese durch die Leistung des M im Außenverhältnis von einer Verbindlichkeit befreit wurde. Eine Zuwendung lag darin allerdings nicht, weil M kein zivilrechtlicher Ausgleichsanspruch gegen F zustand, auf den er hätte verzichten können. Nur in einem solchen Verzicht auf den Ausgleichsanspruch könnte eine Zuwendung liegen.
Im vorliegenden Fall bestand kein entsprechender Ausgleichsanspruch. Denn wenn Ehegatten gemeinsam ein Darlehen für gemeinschaftliche Zwecke aufnehmen und nur ein Ehegatte in der Lage ist, die Zins- und Tilgungsleistungen zu erbringen, scheidet ein Ausgleichsanspruch gegenüber dem anderen Ehegatten regelmäßig aus.
Daran ändert sich nichts dadurch, dass das gemeinsam bewohnte Haus seit 2007 im Alleineigentum der F stand. Denn es handelte sich weiterhin um gemeinschaftliche Zwecke der Eheleute, weil diese das Haus weiterhin gemeinsam mit ihren Kindern als Familienheim bewohnten.
M erfüllt durch die Zahlung der laufenden Hauskosten lediglich seine ihm obliegende Unterhaltspflicht. Bei der gegenseitigen Verpflichtung der Eheleute, ihre Familie angemessen zu unterhalten, handelt es sich um die bedeutsamste Ausprägung der ehelichen Grundpflicht zur Lebensgemeinschaft. Ein wesentlicher Bestandteil des Unterhalts ist die Gewährung einer angemessenen Wohnung. Auch hier kam es nicht darauf an, dass das Haus ab 2007 im Alleineigentum der F stand.