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Keine gesonderte und einheitliche Feststellung bei Anwachsung von Gesellschaftsanteilen an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft

Wenn ein Gesellschafter aus einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft gegen eine Abfindung ausscheidet und sein Anteil den verbleibenden Gesellschaftern anwächst, wird dieser Anwachsungserwerb durch die verbleibenden Gesellschafter jeweils einzeln verwirklicht.

Hintergrund

An der X-GbR waren ursprünglich A, B, C, D zu je 25 % beteiligt. Im Jahr 2005 ging der Anteil des A unter Nießbrauchsvorbehalt auf seine Kinder F und G über.

Im Jahr 2006 schied B aus der GbR aus. Sein Gesellschaftsanteil von 25 % wuchs den verbliebenen Gesellschaftern C, D, F, G an. Im Gegenzug wurde von der GbR eine Abfindung an B gezahlt.

Im Jahr 2007 veräußerte die GbR eine Immobilie. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, mit dem Ausscheiden des B hätten die verbliebenen Gesellschafter dessen Gesellschaftsanteil (25 %) – und damit auch einen Bruchteil des gesamthänderisch gebundenen Immobilienvermögens – entgeltlich „angeschafft“. Durch die Veräußerung erzielten sie Einkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft. Dementsprechend stellte das Finanzamt Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften fest und verteilte diese auf der Gesellschafterebene jeweils zu 1/3 auf A (als Nießbrauchsberechtigter), C und D.

Das Finanzgericht wies die Klage, mit der sich die GbR gegen den Ansatz von Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften wandte, ab.

Entscheidung

Die Revision vor dem Bundesfinanzhof hatte Erfolg. Für die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften fehlte die gesetzliche Grundlage. Der Bundesfinanzhof änderte daher den Feststellungsbescheid, sodass keine Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften festgestellt wurden.

Zur Begründung führten die Richter aus: Veräußert eine grundstücksbesitzende GbR eine in ihrem Gesamthandsvermögen befindliche Immobilie, ist über die Frage, ob durch das Veräußerungsgeschäft ein Einkünftetatbestand verwirklicht wurde, nur dann im Verfahren der gesonderten und einheitlichen Feststellung zu entscheiden, wenn die Tatbestandsmerkmale gemeinsam in der Einheit der Gesellschaft verwirklicht werden.

Verfahrensrechtlich ist eine gesonderte und einheitliche Feststellung und Zurechnung von Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften in Fällen, in denen die Anschaffung oder Veräußerung einer Gesellschaftsbeteiligung als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter gilt, regelmäßig nicht zulässig. Denn der rechtliche Vorgang wird nicht gemeinsam und in der Einheit der Gesellschaft, sondern individuell durch den Gesellschafter verwirklicht.

Hiervon ausgehend war die vom Finanzamt vorgenommene gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus der Veräußerung der Immobilie schon aus verfahrensrechtlichen Gründen fehlerhaft. Denn die Voraussetzungen einer gemeinschaftlichen Erzielung von Einkünften lagen nicht vor.

Durch das Ausscheiden des B war sein Anteil den verbleibenden Gesellschaftern C, D, F, G angewachsen. Diese haben den Anwachsungserwerb aber jeweils einzeln und nicht in der Einheit der Gesellschaft verwirklicht. Denn dieser Erwerb wurde nicht durch die gesamthänderische Bindung geprägt, sondern beruhte auf einer gesellschaftsvertraglichen Regelung, mit der die Gesellschafter für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters vorab eine individuelle (personenbezogene) künftige Zuordnung des Anteils des Ausgeschiedenen vereinbart hatten.