Die durch die bisherige Rechtsprechung anerkannten Grundsätze zur Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen sind weiter anzuwenden. Das gilt zumindest dann, wenn der Gesellschafter eine eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe bis zum 27.9.2017 geleistet hat oder wenn eine Finanzierungshilfe des Gesellschafters bis zu diesem Tag eigenkapitalersetzend war.
Hintergrund
X war Alleingesellschafter und -geschäftsführer einer GmbH. In einem Rahmendarlehensvertrag war vereinbart, dass Auslagen und sonstige Einlagen des X bei der GmbH auf einem Darlehenskonto erfasst wurden. Seit 2009 liquidierte X die GmbH. Die letzte Bilanz zum 31.12.2011 wies nur noch das gezeichnete Kapital (25.000 EUR) und die verbliebene Verbindlichkeit gegenüber X (196.000 EUR) aus.
X machte für das Jahr 2012 aus der Auflösung der GmbH einen Verlust von 143.000 EUR geltend. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus 60 % der Anschaffungskosten von 25.000 EUR zuzüglich nachträglicher Anschaffungskosten von 214.000 EUR entsprechend dem Saldo des Darlehenskontos zum 31.12.2010. Das Finanzamt bestritt den Bestand der Forderung und berücksichtigte lediglich den Verlust des Stammkapitals (60 % von 25.000 EUR).
Das Finanzgericht wies die Klage ab. Nach der Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts zum 1.11.2008 waren verlorene Gesellschafterdarlehen nicht mehr als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof sah das anders und verwies auf sein Grundsatzurteil (BFH, Urteil v. 11.7.2017, IX R 36/15). Bis zu dieser Entscheidung hatte der Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung vertreten, dass der Ausfall des Gesellschafters mit eigenkapitalersetzenden Darlehen zu nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung und somit zu einem steuerlich relevanten Verlust führt. Mit dem oben genannten Urteil änderte der Bundesfinanzhof diese Rechtsprechung, sodass infolge der Rechtsänderung ausgefallene Gesellschafterdarlehen grundsätzlich nicht mehr zu nachträglichen Anschaffungskosten führen. Da bis zur Veröffentlichung dieses Urteils niemand wissen konnte, wie der Bundesfinanzhof bei unverändert gebliebenem Wortlaut der anzuwendenden Norm (§ 17 Abs. 2 Satz 1 EStG) auf die Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts reagieren würde, bejahte der Bundesfinanzhof Vertrauensschutz in die bisherigen Grundsätze bis zur Entscheidungsveröffentlichung am 27.9.2017. An dieser Entscheidung bezüglich des Vertrauensschutzes hält der Bundesfinanzhof fest.
Mit der Feststellung des Jahresabschlusses bestätigen die Gesellschafter nicht nur die Richtigkeit der Angaben zu den Vermögensverhältnissen der Gesellschaft, sondern sie bekräftigen zugleich rechtsverbindlich die im Jahresabschluss ausgewiesenen Rechtsverhältnisse im Verhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft und im Verhältnis der Gesellschafter untereinander und verzichten auf diesbezügliche Einreden und Einwendungen. Die Feststellung des Jahresabschlusses spricht dann zumindest indiziell für das Bestehen der Forderung des Gesellschafters dem Grunde und der Höhe nach.
Davon ausgehend durfte das Finanzgericht die festgestellte Bilanz der GmbH nicht als bloßen Eigenbeleg ansehen. Ihr kommt vielmehr Indizwirkung für den Bestand und die Höhe der streitigen Forderung des X zu. Aufgrund der Indizwirkung fiel X bei Auflösung der GmbH mit einem eigenkapitalersetzenden Darlehen in entsprechender Höhe aus. Bei der Ermittlung des Auflösungsverlusts war das Darlehen mit 60 % anzusetzen.