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Fehlende gesetzliche Verpflichtung zur Führung einer elektronischen Kasse im Jahr 2015?

Hinsichtlich der Erfassung von Bareinnahmen bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb bestand im Jahr 2015 kein dem Gesetzgeber zuzurechnendes strukturelles Vollzugsdefizit – auch nicht bei sog. bargeldintensiven Betrieben mit offener Ladenkasse.

Hintergrund

Die X-KG betreibt mehrere Gaststätten. Im Rahmen der Veranlagung für 2015 war sie der Ansicht, dass bei bargeldintensiven Betrieben wie Gaststätten mindestens 15 % der Betriebseinnahmen hinterzogen würden. Damit liege ein strukturelles Vollzugsdefizit vor, das zu einer ungleichmäßigen Besteuerung führe. Die Besteuerung ihrer Bareinnahmen in vollen Umfang verstoße daher gegen den Gleichheitssatz.

Das Finanzgericht wies die Klage ab.

Entscheidung

Die Revision hatte ebenfalls keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof entschied, dass ein zur (partiellen) Nichtigkeit der steuerlichen Regelung führendes strukturelles Vollzugsdefizit nicht besteht.

Trotz bestehender Probleme bei der Erhebung und Verifikation der Besteuerungsgrundlagen im Bereich der bargeldintensiven Geschäftsbetriebe, insbesondere in der Gastronomie, besteht für 2015 kein struktureller, dem Gesetzgeber zuzurechnender Erhebungsmangel.

Bereits im Jahr 2015 galten für bargeldintensive Betriebe (auch in der Gastronomie) umfangreiche Erklärungs-, Anzeige-, Aufzeichnungs- und Beleg-Aufbewahrungspflichten, die zur Verifikation (z.B. im Rahmen von Außenprüfungen) herangezogen werden können.

Es bestand auch bereits im Jahr 2015 ein erhöhtes Entdeckungsrisiko selbst für bargeldintensive Betriebe mit offener Ladenkasse. Die Finanzverwaltung konnte ohne weiteres bargeldintensive Betriebe verstärkt prüfen und Manipulationen bei Betrieben mit offener Ladenkasse aufzudecken (z.B. Chi-Quadrat-Test, Verprobung anhand der Vorjahre und der Richtsätze, Auswertung von Kontrollmitteilungen, Kassennachschau, Kassensturz).

Selbst wenn man davon ausgeht, dass im Streitjahr ein (tatsächliches) Vollzugsdefizit bestanden hat, ist ein solches dem Gesetzgeber jedenfalls nicht zuzurechnen. Denn die im Streitjahr geltenden Normen waren nicht widersprüchlich auf Ineffektivität angelegt. Die Erhebungsregeln waren jedenfalls nicht derart ineffektiv, dass ein Unterlassen weiterer Regelungen bezüglich der Besteuerung von Betrieben mit offener Ladenkasse im Bereich der Gastronomie dem Gesetzgeber bereits für das Streitjahr als strukturelles Vollzugsdefizit angelastet werden könnte.

Es kann dahinstehen, ob jenseits eines normativen Erhebungsdefizits ein verfassungsrechtlich bedeutsames strukturelles Vollzugsdefizit auch darin bestehen kann, dass die Besteuerung aus politischen Gründen nicht vollzogen wird. Denn Anhaltspunkte für ein solches Vollzugsdefizit sind nicht ersichtlich.