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Schenkung: Keine Abzinsung für die Zeit zwischen Rechtsgeschäft und Bedingungseintritt

Die Bewertung einer aufschiebend bedingten Last erfolgt auf den Zeitpunkt des Bedingungseintritts. Für die Schwebezeit zwischen dem Rechtsgeschäft und dem Bedingungseintritt findet keine Abzinsung statt.

Hintergrund

A war die Ehefrau des im Jahr 2016 verstorbenen O und ist dessen Gesamtrechtsnachfolgerin. O übertrug im Jahr 2004 seinen Anteil an einer KG im Wege der Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt auf die gemeinsame Tochter T. Nach seinem Tod war T verpflichtet, an A zu Lasten des KG-Anteils monatlich 4.000 EUR zu zahlen. O übernahm die Schenkungsteuer.

Das Finanzamt setzte im Jahr 2010 gegenüber O Schenkungsteuer fest. Die Rentenverpflichtung der T gegenüber der A wurde dabei nicht mindernd berücksichtigt.

Nach dem Tod des O beantragte die A als Gesamtrechtsnachfolgerin, die Schenkungsteuer-Festsetzung aus 2010 anzupassen und die von der T an sie zu entrichtende Rentenlast nunmehr auf den Todestag des O im Jahr 2016 zu kapitalisieren und in dieser Höhe (385.632 EUR) als Verbindlichkeit steuermindernd zu berücksichtigen.

Das Finanzamt berücksichtigte die Rentenlast dagegen lediglich mit 213.100 EUR. Es vertrat die Auffassung, dass die zum Todestag des O bestehende Verpflichtung (385.632 EUR) auf den Tag der Schenkung im Jahr 2004 abzuzinsen war. Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied dagegen, dass der Wert der Rentenverbindlichkeit der T mit dem zum Zeitpunkt des Bedingungseintritts, also 2016, geltenden Vervielfältiger zu ermitteln ist. Eine Abzinsung kommt nicht in Betracht.

Lasten, deren Entstehung vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, werden bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs nicht berücksichtigt. Tritt die Bedingung ein, ist die Festsetzung der Schenkungsteuer auf Antrag nach dem tatsächlichen Wert des Erwerbs zu berichtigen. Die abzugsfähigen Verbindlichkeiten sind mit ihrem Wert abzuziehen. Der Kapitalwert von lebenslänglichen Nutzungen und Leistungen ist dabei mit dem Vielfachen des Jahreswerts anzusetzen. Der Vervielfältiger ist nach der Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes zu ermitteln. Eine bedingte Last ist auf den Zeitpunkt des Bedingungseintritts zu bewerten. Zugrunde zu legen ist der bei Bedingungseintritt geltende Vervielfältiger. Hiervon ausgehend hat das Finanzamt zutreffend den Wert mit 385.642 EUR angesetzt.

Der Kapitalwert ist für den Zeitraum des Schwebezustands, also von der Schenkung im Jahr 2004 bis zum Todestag im Jahr 2016 nicht abzuzinsen. Durch die Abzinsung soll berücksichtigt werden, dass eine Verpflichtung nicht zeitnah, sondern erst in fernerer Zukunft zu erfüllen ist und damit der zu ihrer Erfüllung erforderliche Aufwand zeitversetzt anfällt. Allerdings sind noch nicht fällige Forderungen nur dann sofort mit ihrem abgezinsten Wert anzusetzen, wenn die Fälligkeit zu einem bestimmten (feststehenden) Zeitpunkt eintritt. Ist ein bestimmter Fälligkeitszeitpunkt nicht festgelegt, fehlt es dementsprechend auch an einer Berechnungs- oder Schätzungsgrundlage für eine Abzinsung oder für den Ansatz eines niedrigeren Werts als des Nennwerts.

Während des Schwebezustands zwischen der Schenkung (2004) und dem Eintritt der Bedingung (2016) fehlt es an einer Forderung, die abgezinst werden könnte. Mit Eintritt der Bedingung ist die Forderung erstmals zu berücksichtigen. Sie ist gleichzeitig aber auch fällig und nicht mehr gestundet. Das bedeutet, dass weder im Zeitpunkt der gemischten Schenkung (mangels bestimmten Fälligkeitszeitpunkts einer noch nicht existenten Verpflichtung) noch im Zeitpunkt des Bedingungseintritts (mangels mehr als 1-jähriger Laufzeit einer zinslos gestundeten Forderung) die Tatbestandsvoraussetzungen einer Abzinsung erfüllt sind.