Ist eine Steuerfestsetzung für eine Organgesellschaft ergangen, hat diese Drittwirkung. Das hat zur Folge, dass der Organträger keinen Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen geltend machen kann, die von Dritten über die Organgesellschaft bezogen wurden.
Hintergrund
Der Architekt A war in den Jahren 2008 und 2009 Geschäftsführer und Alleingesellschafter zweier GmbHs (Planungs-GmbH, Projekt-GmbH). Zwischen A als Organträger und den GmbHs als Organgesellschaften lag eine umsatzsteuerliche Organschaft vor.
A war außerdem an 3 KGs als einziger Kommanditist sowie Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH beteiligt. Zwischen dem Unternehmen des A einschließlich der zum Organkreis gehörenden 2 GmbHs und den 3 KGs wurden Leistungen gegen Entgelt ausgetauscht.
Die Umsatzsteuer-Festsetzungen gegenüber den 3 KGs wurden jeweils formell und materiell bestandskräftig. Sie wiesen zum Teil Vorsteuererstattungen aus.
Im Jahr 2013 beantragte A die Änderung seiner Umsatzsteuer-Festsetzungen 2008 und 2009, da er aufgrund einer geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch Organträger der 3 KGs war. Das Finanzamt lehnte dies ab, da eine Änderung zugunsten des A nur möglich war, wenn die Steuerfestsetzungen bei den KGs noch änderbar wären. Dies war aber nicht der Fall, da für alle 3 KGs Festsetzungsverjährung eingetreten war.
Das Finanzgericht gab der Klage statt und entschied, dass es auf eine Abänderbarkeit der gegenüber den KGs ergangenen Steuerfestsetzungen nicht ankam.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf, da das Finanzgericht die Drittwirkung der gegenüber den KGs ergangenen Steuerfestsetzungen (Vergütungsbescheide) im Verhältnis zum Organträger A nicht beachtet hat.
Nach der geänderten Rechtsprechung handelt es sich bei den 3 KGs um Organgesellschaften. Mit Tochterpersonengesellschaften kann eine Organschaft bestehen. Auch wenn deshalb gegenüber den KGs als Organgesellschaften keine Steuerfestsetzungen hätten ergehen dürfen bzw. diese rechtswidrig sind, entfalten sie gleichwohl Wirksamkeit und ergeben eine Drittwirkung gegenüber dem Organträger. Aus dieser Drittwirkung folgt, dass die Berücksichtigung der KGs als Organgesellschaften beim Organträger ausgeschlossen ist.
Es verstößt gegen Treu und Glauben, wenn der Steuerpflichtige aufgrund einer Rechtsprechungsänderung eine Erweiterung seiner bisherigen Rechtsstellung erreichen will, ohne die sich aus der neuen Rechtsprechung ergebenden negativen Folgen hinzunehmen. Das gilt ebenso im Verhältnis von Organträger und Organgesellschaft. Waren ein Einzelunternehmer und eine KG nach bisheriger Rechtsprechung gesonderte Steuerpflichtige, während der Einzelunternehmer nach der geänderten Rechtsprechung Organträger der KG als Organgesellschaft ist, ist es mit dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht vereinbar, dass bei dem einen Unternehmensteil (hier: Organträger) die bislang für den anderen Unternehmensteil (hier: KG) festgesetzte Steuervergütung berücksichtigt wird, während eine korrespondierende Änderung der Steuerfestsetzung beim anderen Unternehmensteil (hier: KG) am Vertrauensschutz in die bisherige Rechtsprechung scheitern soll.
Aufgrund der Drittwirkung steht zwar fest, dass A als Organträger keinen Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen geltend machen kann, die über die KGs als Organgesellschaften von Dritten bezogen wurden. Jedoch bleibt das Recht des Organträgers, die Nichtbesteuerung von Innenleistungen geltend zu machen, die er an die Organgesellschaft erbracht hat, unberührt. A ist nicht gehindert, im Verfahren der ihm gegenüber ergangenen Steuerfestsetzungen geltend zu machen, dass eine Organschaft vorliegt und er Umsätze, die aufgrund der Organschaft als nicht steuerbare Innenumsätze anzusehen sind, zu Unrecht versteuert hat.
Der Bundesfinanzhof verwies den Fall an das Finanzgericht zurück. Dieses hat den Umfang der nicht steuerbaren Innenumsätze festzustellen.