Unterliegt ein englisches College, das in Deutschland Vermietungseinkünfte erzielt, einer Stiftungsaufsicht, die in ihren wesentlichen Belangen der deutschen Stiftungsaufsicht vergleichbar ist, ist das Fehlen von Satzungsbestimmungen zur Vermögensbindung unschädlich. Das College kann deshalb trotzdem von der Körperschaftsteuer befreit sein.
Hintergrund
Das englische College wurde 1555 als „immerwährendes Kollegium des Studiums der Wissenschaften, der heiligen Theologie und der Philosophie wie der guten Künste“ mit königlicher Erlaubnis, also einem „Royal Patent“, errichtet. Das College ist Alleingesellschafter einer Ltd. (Tochtergesellschaft). Diese betreibt ein Gasthaus und führt ihre Gewinne an das College ab. Darüber hinaus ist das College Eigentümerin eines Wohn- und Geschäftsgrundstücks in Berlin, aus dem es im Jahr 2007 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielte. Für diese setzte das Finanzamt Körperschaftsteuer fest.
Dagegen klagte das College erfolgreich vor dem Finanzgericht. Mit seiner Revision rügte das Finanzamt, dass weder die Satzung noch die tatsächliche Geschäftsführung auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung steuerbegünstigter Zwecke gerichtet sind.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof wies die Revision des Finanzamts zurück. Das College dient sowohl seiner Satzung als auch seiner tatsächlichen Geschäftsführung nach gemeinnützigen Zwecken und ist daher von der Körperschaftsteuer befreit.
Das College erzielte aus der Vermietung seines inländischen Grundstücks in Berlin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die als inländische Einkünfte der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterliegen. Es handelt sich um ein Körperschaftsteuer-Subjekt, da das College einer Stiftung nach deutschem Recht entspricht.
Der Satzungszweck und die Art ihrer Verwirklichung sind hinreichend bestimmt. Die Gemeinnützigkeit ergibt sich aus der Gründungsurkunde des Jahres 1555 (Studium der Wissenschaften, Theologie, Philosophie, Künste). Damit ergibt sich aus der Satzung die Förderung von Wissenschaft und Forschung sowie der Religion. Aus den Statuten des Colleges ergibt sich ferner hinreichend bestimmt, wie diese Zwecke verwirklicht werden sollen (Lehre, Forschung, Vergabe von Stipendien).
Das College verfolgt seine gemeinnützigen Ziele selbstlos. Es hat keine Mitglieder, an die gemeinnützigkeitsschädlich Gewinne ausgeschüttet werden könnten. Die Vergütungen für die Verwaltung und für die Lehrtätigkeit sind keine Zuwendungen, da sie einer Angemessenheitskontrolle unterliegen.
Das College verfolgt seine gemeinnützigen Zwecke (Lehre und Forschung) unmittelbar durch die bei ihm angestellten Mitarbeiter. Dass das College ausschließlich steuerbegünstigte und keine anderen Zwecke verfolgt, hat das Finanzgericht durch Auslegung des „Royal Patents“ unter Beachtung des historischen Kontextes festgestellt.
Soweit die Satzung des Colleges keine Regelungen darüber enthält, was mit dem College-Vermögen im Fall einer Auflösung geschehen soll, ist dies im vorliegenden Fall unschädlich. Denn für Stiftungen, die vor dem 19.12.2006 errichtet wurden, galt eine Ausnahme vom Erfordernis der satzungsmäßigen Vermögensbindung, wenn diese einer „staatlichen Aufsicht“ unterliegen. Hier trifft dies zu, da die Befugnisse der „Charity Commission“ im Wesentlichen mit der deutschen Stiftungsaufsicht vergleichbar sind.
Die tatsächliche Geschäftsführung entspricht den satzungsmäßigen Vorgaben. Die Beteiligung an der Ltd. „Gaststätte“ begründet keinen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, sondern hält sich im Rahmen der steuerfreien Vermögensverwaltung. Auch die Vermietung des Grundbesitzes in Berlin stand in einem unmittelbaren Bezug zu der gemeinnützigen Tätigkeit. Die Mittel aus den Überschüssen der Vermögensverwaltung und damit auch die aus der Vermietung wurden unmittelbar für die satzungsmäßigen Zwecke eingesetzt.
Da das College seine förderungswürdigen Zwecke außerhalb von Deutschland verwirklicht, setzt die Steuerbegünstigung zusätzlich den Inlandsbezug voraus. Dieser liegt vor, wenn natürliche Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland gefördert werden. Davon ist vorliegend auszugehen, da das College auch Studenten aus Deutschland ausbildet und ein studentisches Austauschprogramm eingerichtet hat.