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Warum private Renten nicht doppelt besteuert werden

Bei privaten Renten, also Renten aus privaten Kapitalanlageprodukten außerhalb der Basisversorgung, die lediglich mit dem Ertragsanteil besteuert werden, kann es systembedingt keine Doppelbesteuerung geben.

Hintergrund

Der Kläger Z war als Zahnarzt Pflichtmitglied eines berufsständischen Versorgungswerks, blieb allerdings freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Rentenversicherung. Er erhielt im Jahr 2009 von der Deutschen Rentenversicherung eine Altersrente und Zusatzleistungen aus der dortigen Höherversicherung. Zudem bezog er mehrere „Rürup“-Renten, ebenso zahlreiche Renten aus privaten Kapitalanlageprodukten.

Das Finanzamt setzte für die gesetzliche Altersrente einschließlich der Leistungen der Höherversicherung den sich nach der gesetzlichen Übergangsregelung ergebenden Besteuerungsanteil von 58 % an. 42 % der ausgezahlten Rente blieben steuerfrei. Im Hinblick auf die hohen Beitragsleistungen des Z in 2 Versorgungssysteme wandte das Finanzamt die sog. Öffnungsklausel an, sodass die Rente zumindest teilweise mit dem günstigeren Ertragsanteil versteuert werden kann. Die „Rürup“-Renten des Z wurden vom Finanzamt mit dem Besteuerungsanteil, die sonstigen privaten Leibrenten mit dem Ertragsanteil angesetzt.

Der Kläger war der Ansicht, dass eine der „Rürup“-Renten und diverse Renten aus privaten Versicherungen doppelt besteuert werden, weil die aus versteuertem Einkommen erbrachten Beiträge höher sind als der steuerfreie Teil der zu erwartenden Rentenzahlungen. Das Finanzgericht folgte dem nicht und wies die Klage ab.

Entscheidung

Die Steigerungsbeträge aus der Höherversicherung zusammen mit den Bezügen aus der regulären Altersrente der Deutschen Rentenversicherung Bund unterliegen der nachgelagerten Besteuerung. Für eine Besteuerung dieser Beträge mit dem Ertragsanteil besteht keine Rechtsgrundlage. Die Steigerungsbeträge aus der Höherversicherung zur gesetzlichen Altersrente des Z stellen steuerbare Einkünfte dar, wobei offenbleiben kann, ob es sich um eine Leibrente oder um andere Leistungen handelt.

Die Bezüge aus der gesetzlichen Altersrente des Z einschließlich der Steigerungsbeträge aus der Höherversicherung unterlagen im Streitjahr der Besteuerung. Das Finanzgericht hat zu Unrecht entschieden, dass das Finanzamt die Öffnungsklausel anwenden konnte, da es an dem hierfür erforderlichen Antrag für das Streitjahr fehlte. Er ist weder ausdrücklich noch konkludent gestellt worden. Das Finanzamt hat daher die Einkommensteuer für das Streitjahr insoweit zu niedrig festgesetzt. Das wirkt sich im Streitfall zugunsten der Eheleute aus, da durch die teilweise Besteuerung der Bezüge aus der gesetzlichen Altersrente und der Steigerungsbeträge mit dem Ertragsanteil die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage für das Streitjahr herabgesetzt wurde.

Die mangels Antrags zwingende nachgelagerte Besteuerung der gesetzlichen Altersrente einschließlich der Steigerungsbeträge aus der Höherversicherung abzüglich des individuellen Rentenfreibetrags nach Maßgabe der vom Bundesfinanzhof vertretenen Berechnungsgrundsätze und -parameter hat zwar eine doppelte Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Alterseinkünften zur Folge, sodass jene Rente für das Streitjahr rechnerisch i. H. v. 42 EUR doppelt besteuert worden wäre. Diese verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässige doppelte Besteuerung liegt aber unterhalb der Steuerentlastung der Eheleute wegen der Z vom Finanzamt aufgedrängten Anwendung der Öffnungsklausel. Aufgrund der Saldierungspflicht des Senats ist eine Rechtsverletzung der Eheleute daher ausgeschlossen. Das Saldierungsgebot gilt auch im Revisionsverfahren.

Die von Z bezogene „Rürup“-Rente war im Streitjahr keiner doppelten Besteuerung ausgesetzt. Der vom Kläger insoweit ermittelte Betrag von zuletzt 56 EUR ist den vom Finanzgericht getroffenen Feststellungen nicht zu entnehmen.

Das Vorbringen des Klägers, dass das Finanzgericht zu Unrecht entschieden hat, dass regelmäßige Anpassungen der „Rürup“-Rente des Z in voller Höhe bei den Alterseinkünften des Z zu erfassen sind, greift nicht durch. Die Vollbesteuerung der Anpassungsbeträge hat bei der Prüfung einer doppelten Besteuerung keine unmittelbare Bedeutung. Verglichen werden nur die aus versteuertem Einkommen erbrachten Beiträge mit den voraussichtlich steuerfrei zufließenden Rentenbezügen. Regelmäßige Rentenanpassungen sind dagegen den voll steuerbelasteten Bezügen zuzuordnen und werden daher nicht als Vergleichsparameter herangezogen. Der Umstand, dass die Anpassungen durch den gesetzlichen Besteuerungsanteil nicht zumindest teilweise steuerfrei belassen werden, kann somit nur mittelbar Grund dafür sein, dass im jeweiligen Einzelfall die Grenze einer unzulässigen doppelten Besteuerung betragsmäßig eher erreicht wird.

Die vom Finanzgericht ermittelte doppelte Besteuerung von einigen der von Z im Streitjahr bezogenen Leibrenten aus privaten Kapitalanlageprodukten außerhalb der Basisversorgung erweist sich bereits vom systematischen Ansatz her als unzutreffend. Denn die Besteuerung mit dem Ertragsanteil beruht gerade auf dem Leitbild, dass der Rentenanspruch durch aus versteuertem Einkommen gezahlten Beiträgen erworben wird. Das Finanzamt hat jene Renten dem Grunde und der Höhe nach zutreffend mit dem Ertragsanteil besteuert. Der Rechtsfehler des Finanzgerichts, eine doppelte Besteuerung von neun dieser Renten festzustellen, war nicht entscheidungserheblich.

Auch die Überschussbeteiligungen des Z aus mehreren privaten Leibrentenversicherungen neben den garantierten Renten sind mit den jeweiligen gesetzlichen Ertragsanteilen zu besteuern. Überschussbeteiligungen sind Bestandteil der Leibrente und mit dem maßgeblichen Ertragsanteil in Ansatz zu bringen. Unerheblich ist, dass die Überschussbeteiligungen – anders als der garantierte Teil der Leibrente – nicht mit hinreichender Gewissheit prognostizierbar sind.