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Wie bestimmt sich die „ortsübliche Marktmiete“?

Kann die ortsübliche Marktmiete nicht anhand eines Mietspiegels bestimmt werden, darf auf ein Sachverständigengutachten, eine Mietdatenbank oder die Miete für mindestens 3 vergleichbare Wohnungen zurückgegriffen werden.

Hintergrund

Die Vermieterin V vermietete im Jahr 2015 eine Eigentumswohnung im ersten Obergeschoss (Wohnfläche 57 qm) mit Einbauküche an ihre Tochter T für monatlich 300 EUR zuzüglich Nebenkostenpauschale von 70 EUR.

Im zweiten Obergeschoss vermietete V eine Wohnung gleicher Größe und Ausstattung an einen Fremdmieter F für monatlich 500 EUR zuzüglich Nebenkostenpauschale von 78 EUR.

Das Finanzamt ging – nach einem Vergleich mit der für die Obergeschosswohnung gezahlten Miete – davon aus, dass die mit T vereinbarte Miete nur 64,01 % und damit weniger als 66 % der ortsüblichen Miete betrug. Dementsprechend berücksichtigte es die von V erklärten Werbungskosten für die an T vermietete Wohnung nur anteilig mit 64,01 %.

Das Finanzgericht wies die dagegen erhobene Klage ab. Es war der Ansicht, dass die ortsübliche Miete nicht vorrangig anhand des Mietspiegels festzustellen ist. Sie kann ebenso durch den Vergleich mit einer gleichwertigen fremdvermieteten Wohnung ermittelt werden.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof teilt die Ansicht des Finanzgerichts nicht und entschied, dass die ortsübliche Miete sich grundsätzlich aus dem örtlichen Mietspiegel ergibt und nicht vorrangig anhand einer Vergleichsmiete für eine an einen Fremdmieter im selben Haus vermietete Wohnung zu bestimmen ist. Nur ausnahmsweise kann auf einen Sachverständigen, eine Mietdatenbank oder einzelne vergleichbare Wohnungen zurückgegriffen werden.

Die ortsübliche Marktmiete für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung ergibt sich grundsätzlich aus dem örtlichen Mietspiegel. Dazu gehören sowohl der einfache Mietspiegel als auch der qualifizierte Mietspiegel. Der Mietspiegel gehört zu den Informationsquellen, die eine leichte und schnelle Ermittlung der ortsüblichen Miete auf der Grundlage eines breiten Spektrums ermöglichen. Diesem Zweck liefe es zuwider, wenn bei einer Miete innerhalb der vom Mietspiegel vorgesehenen Spanne gleichwohl im Einzelfall ermittelt werden müsste, ob nicht ein anderer Wert innerhalb der Spanne der angemessenere wäre. Die Schwankungsbreite innerhalb des Mietspiegels lässt deshalb die Feststellung zu, dass jeder Mietzins innerhalb der berücksichtigten Spanne die ortsübliche Marktmiete darstellt.

Der örtliche Mietspiegel kann allerdings nicht zugrunde gelegt werden, wenn er nur mangelhaften Erkenntniswert hat, z.B. wenn er nicht regelmäßig angepasst wird oder die Datenerhebung fehlerhaft ist. Gibt ein Mietspiegel nur Richtwerte für eine bestimmte Art von Wohnungen an, kann die gesteigerte Wohnqualität des Vergleichsobjekts durch einen entsprechenden Zuschlag berücksichtigt werden. Kann ein örtlicher Mietspiegel ausnahmsweise nicht zugrunde gelegt werden oder ist er nicht vorhanden, bestehen für das Finanzamt bzw. das Finanzgericht mehrere Möglichkeiten, wobei jeder Ermittlungsweg grundsätzlich gleichrangig ist.

  • Zugrundelegung eines mit Gründen versehenen Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen,
  • Rückgriff auf die Auskunft aus einer Mietdatenbank,
  • Berücksichtigung der Entgelte für einzelne vergleichbare Wohnungen. Dafür müssen zumindest 3 Wohnungen nach Adresse, Lage und Stockwerk benannt werden.

Hiervon ausgehend hob der Bundesfinanzhof das Finanzgerichtsurteil auf. Das Finanzgericht hatte die ortsübliche Marktmiete nicht anhand des vorhandenen Mietspiegels ermittelt, sondern allein auf die Miete für die im selben Haus vermietete Wohnung gleicher Art, Größe und Ausstattung abgestellt, ohne ein breites Spektrum von Vergleichswohnungen heranzuziehen. Das Finanzgericht hat diese unterlassene Sachaufklärung nachzuholen. Es hat die ortsübliche Kaltmiete für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung unter Einbeziehung der Spannen des örtlichen Mietspiegels zuzüglich der nach der Betriebskostenverordnung umlagefähigen Kosten festzustellen. Auf dieser Grundlage hat das Finanzgericht die Entgeltlichkeitsquote und damit die Höhe des Werbungskostenabzugs neu zu ermitteln.