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Überlassung von Vieheinheiten: Regelsteuersatz oder Durchschnittsbesteuerung?

Sind gesellschaftsvertraglich vereinbarte Vorabgewinnanteile für die Überlassung von sog. Vieheinheiten umsatzsteuerbar und unterliegen sie der Durchschnittssatzbesteuerung für land- und forstwirtschaftliche Betriebe? Der Bundesfinanzhof entschied, dass auf Umsätze aus der Überlassung von Vieheinheiten der Regelsteuersatz anwendbar ist.

Hintergrund

Der Kläger ist Land- und Forstwirt. Die im Rahmen seines Betriebs ausgeführten Umsätze versteuert er nach Durchschnittssätzen. Daneben ist er als Komplementär an einer KG beteiligt, die eine Ferkelaufzucht und damit einen landwirtschaftlichen Betrieb unterhält.

Nach dem Gesellschaftsvertrag war der Kläger verpflichtet, der KG 140 Vieheinheiten zur Nutzung zur Verfügung zu stellen. Hierfür erhielt er einen Vorabgewinn von 5 EUR je überlassener Vieheinheit.

Das Finanzamt ging davon aus, dass die Vergütung aus der Überlassung der Vieheinheiten umsatzsteuerpflichtig war, und erhöhte die dem Regelsteuersatz unterliegenden Umsätze entsprechend.

Das Finanzgericht wies die Klage ab, denn die Überlassung der Vieheinheiten an die KG gegen Zahlung des Vorabgewinns erfolgte im Rahmen eines steuerbaren Leistungsaustauschs und unterlag deshalb der Besteuerung mit dem Regelsteuersatz.

Entscheidung

Die Revision des Klägers blieb erfolglos. Der Bundesfinanzhof bestätigte die Auffassung des Finanzamts und des Finanzgerichts und entschied, dass die Überlassung der Vieheinheiten an die KG gegen Vorabgewinn steuerbar war und dem Regelsteuersatz unterlag.

Der unmittelbare Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt als Voraussetzung eines steuerbaren Leistungsaustauschs liegt nicht vor, wenn die Gesellschafter für ihre Gesellschaft Leistungen erbringen, die als Gesellschafterbeitrag nur im Rahmen der allgemeinen Gewinnverteilung vergütet werden. Die Gewinnbeteiligung ist weder Entgelt für das Halten der Beteiligung noch Entgelt für Tätigkeiten des Gesellschafters. Denn die Gewinnentstehung hängt nicht unmittelbar mit der Leistungserbringung zusammen, sondern ist von einer Vielzahl von Faktoren und damit zumindest teilweise vom „Zufall“ abhängig. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Leistungserbringung liegt dagegen vor, wenn die Leistung nach ihrem Umfang oder ihrer Menge abgegolten wird.

Diese Abgrenzung gilt auch bei einer Leistungserbringung gegen Vorabgewinn. Überlassen die Gesellschafter einer GbR ihre land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gegen einen von vornherein feststehenden und jährlich gleichbleibenden „Vorabgewinn“ zur Nutzung, kann ein pachtähnlicher Leistungsaustausch gegen Sonderentgelt vorliegen.

Im vorliegenden Fall hat das Finanzgericht den Gesellschaftsvertrag so ausgelegt, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Leistung des L (Überlassung von Vieheinheiten) und der hierfür von der KG zu zahlenden Gegenleistung (5 EUR je Vieheinheit) hergestellt wird, indem die Gegenleistung vom Umfang des jeweiligen Leistungsbetrags abhängig ist. Auch wenn bei einer Vergütung der Leistung durch Beteiligung am Gewinn die Annahme eines nicht steuerbaren Gesellschafterbeitrags grundsätzlich nahe liegt, gilt nach den Umständen des vorliegenden Falls etwas anderes. Aufgrund der niedrigen Kapitalverzinsung konnte L fest davon ausgehen, für die von ihm überlassenen Vieheinheiten die vereinbarte und jährlich gleichbleibende Vergütung zu erhalten. Der Leistungsaustausch war somit nicht ganz oder teilweise vom Zufall abhängig.

  • 24 UStG findet auf landwirtschaftliche Erzeugnisse und Dienstleistungen Anwendung. Die hier streitige Überlassung von Vieheinheiten betrifft jedoch keine in landwirtschaftlichen Betrieben erzeugten Gegenstände. Es liegen auch keine landwirtschaftlichen Dienstleistungen vor.

Durch die Überlassung von sog. Vieheinheiten an eine Mitunternehmerschaft wird es dieser sowohl einkommensteuerrechtlich als auch umsatzsteuerrechtlich ermöglicht, anstelle von gewerblichen Einkünften (Tierzucht) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu erzielen und die Umsätze der Durchschnittssatzbesteuerung zu unterwerfen. Der Kerngehalt der Überlassung von Vieheinheiten liegt damit in der Verschaffung von Steuervorteilen bei der Einkommen- und der Umsatzsteuer. Eine derartige Dienstleistung ist nicht im Leistungskatalog enthalten und auch den dort genannten Leistungen nicht vergleichbar. Während die in der Anlage zu §§ 69 und 70 UStDV aufgelisteten Dienstleistungen in einem direkten Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Produktion stehen, unterstützt die Überlassung der Vieheinheiten den Leistungsempfänger nicht dabei, Tiere zu halten. Sie dient daher nicht landwirtschaftlichen, sondern steuerlichen Zwecken.