Die Bestellung eines Notgeschäftsführers ist nur unter besonderen Voraussetzungen möglich. Ein solch extremer Eingriff in die Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter ist insbesondere zulässig, wenn ansonsten die Gesellschaft handlungsunfähig wäre, z. B. auf Grund von Auseinandersetzungen zwischen an der GmbH beteiligten Familienstämmen.
Hintergrund
An einer Komplementär-GmbH („Gesellschaft“) einer KG waren ursprünglich 2 Familienstämme beteiligt. Der Vertreter eines Stammes stellte den Geschäftsführer.
Auf Antrag des anderen Stammes wurde dem Geschäftsführer jedoch gerichtlich durch einstweilige Verfügung untersagt, seine Befugnisse als Geschäftsführer auszuüben. Denn das Gericht war der Auffassung, dass er sich über mehrere Jahre trotz wesentlicher Beteiligung des anderen Stammes als Alleininhaber der Gesellschaft gerierte und den anderen Familienstamm bewusst benachteiligte. So hatte er z. B. unzulässigerweise Entnahmen zur Zahlung von Steuern verweigert oder Streichungen aus der Gesellschafterliste der Gesellschaft vorgenommen, um den anderen Familienstamm zu benachteiligen und aus der Gesellschaft zu drängen.
Auf Antrag dieses Stammes bestellte das zuständige Registergericht einen Notgeschäftsführer der Gesellschaft. Dagegen legte der von der einstweiligen Verfügung betroffene Geschäftsführer Beschwerde ein.
Entscheidung
Die Beschwerde hatte keinen Erfolg, da die Voraussetzungen einer Notgeschäftsführerbestellung vorlagen.
Die Bestellung eines Notgeschäftsführers für eine GmbH setzt voraus, dass ein für die organschaftliche Vertretung der GmbH unentbehrlicher Geschäftsführer fehlt oder aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen an der Geschäftsführerbestellung gehindert ist.
Überdies muss die Bestellung eines Notgeschäftsführers dringlich sein. Durch den damit verbundenen wesentlichen Eingriff in das gewährleistete Recht der Gesellschafter zur Geschäftsführerbestellung sind die Anforderungen aber eng auszulegen.
Aufgrund der unbefristeten einstweiligen gerichtlichen Verfügung fehlte es vorliegend an einer organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft. Es ging auch nicht allein um eine Gesellschafterstreitigkeit über die Person des Geschäftsführers. Vielmehr handelte es sich um umfassende rechtliche und wirtschaftliche Auseinandersetzungen zwischen den beiden Familienstämmen unter den Gesellschaftern. Eine solche Lagerbildung ist vergleichbar mit einem Streit zwischen Gesellschaftergeschäftsführern in einer 2-Personen-GmbH mit wechselseitigen Abberufungs- und Ausschließungsbeschlüssen, und in solch einer Konstellation ist die Bestellung eines Notgeschäftsführers auch zulässig. Darüber hinaus war vorliegend die Notbestellung auch dringlich, weil die Gesellschaft stets gegenüber staatlichen Stellen auftreten und auch handelsrechtliche Pflichten erfüllen musste.