Aktuelles

Bewertung eines Grundstücks: Wie gelingt der Nachweis eines geringeren gemeinen Werts?

Für die zeitliche Anwendbarkeit der WertV und der ImmoWertV ist entscheidend, ob sie am Bewertungsstichtag in Kraft waren. Der Zeitpunkt der Gutachtenerstellung spielt für die Anwendung der Verordnungen insoweit keine Rolle.

Hintergrund

X erbte im Jahr 2009 einen Anteil an einem Hausgrundstück. Der standardisierte Grundbesitzwert betrug
4.8 Mio. EUR. X versuchte, mit einem nach der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) erstellten Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen. Streitig war insbesondere, wie die untypisch geringe gewerbliche Nutzung zu berücksichtigen war. Der Gutachter hatte dafür den Wert einer anderen Bodenrichtwertzone, in der sich vergleichbar genutzte Grundstücke befinden, übernommen.

Das Finanzgericht wies die Klage ab, da das Gutachten der ImmoWertV widersprach. Die Ableitung des Bodenwerts aus dem Richtwert einer anderen Bodenrichtwertzone sowie die Herleitung des Liegenschaftszinssatzes waren für das Gericht nicht plausibel.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Klage an das Finanzgericht zurück. Für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens sind die Grundbesitzwerte nach §§ 176 bis 198 BewG zu ermitteln. Beim Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts am Bewertungsstichtag ist dieser Wert anzusetzen. Der Steuerpflichtige trägt insoweit die Nachweislast.

Zur Ordnungsmäßigkeit des Gutachtens gehören sowohl die methodische Qualität als auch die zutreffende Erhebung und Dokumentation der Begutachtungsgrundlagen. Die Anforderungen an die methodische Qualität ergeben sich im Wesentlichen aus den §§ 194 ff. BauGB. Daneben sind die WertV i. V. m. den Wertermittlungsrichtlinien und die ImmoWertV, die die WertV ab dem 1.7.2010 abgelöst hat, zu beachten. Die zeitliche Anwendbarkeit richtet sich danach, ob die Regelungen am Bewertungsstichtag in Kraft waren. Die WertV war bis zum 30.6.2010 in Kraft und wurde am 1.7.2010 durch die ImmoWertV abgelöst. Deshalb sind für Bewertungsstichtage bis 30.6.2010 die Vorschriften der WertV und für Bewertungsstichtage ab 1.7.2010 die Vorschriften der ImmoWertV anwendbar. Der Zeitpunkt der Gutachtenerstellung ist für die zeitliche Anwendung der WertV und der ImmoWertV nicht von Bedeutung.

Das Finanzgericht hatte jedoch wegen der Erstellung des Gutachtens im Jahr 2017 auf den Bewertungsstichtag 1.6.2009 die ImmoWertV anstatt der WertV angewandt.