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Vermietete Eigentumswohnung: Wie wird der Kaufpreis bei Erwerb durch Grundstücksgemeinschaft aufgeteilt?

Grundsätzlich ist die vertragliche Aufteilung der Besteuerung zugrunde zu legen. Das gilt nur dann nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Kaufpreis nur zum Schein bestimmt wurde. Der Arbeitshilfe des BMF zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises kommt insoweit keine Bindungswirkung zu.

Hintergrund

Die Grundstücksgemeinschaft G erwarb im Jahr 2017 eine Eigentumswohnung in einem Mehrfamilienhaus. Der Kaufpreis betrug nach dem Kaufvertrag 110.000 EUR. Der anteilige Grundstückswert wurde vertraglich mit 20.000 EUR angesetzt. Die Anschaffungskosten beliefen sich einschließlich Nebenkosten auf 118.000 EUR.

In ihrer Feststellungserklärung berücksichtigte G die AfA-Bemessungsgrundlage mit 96.547 EUR, das entspricht 20.000/110.000 = 81,81 % des Gesamtkaufpreises.

Das Finanzamt ermittelte dagegen einen Gebäudeanteil von nur 30,9 % und damit eine AfA-Bemessungsgrundlage von 36.463 EUR. Dabei legte sie die vom BMF im Internet bereitgestellten “Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)” (abzurufen unter www.bundesfinanzministerium.de) zugrunde.

Das Finanzgericht wies die Klage ab, da die vertragliche Kaufpreisaufteilung nicht den realen Wertverhältnissen entsprach. Seiner Ansicht nach war die Arbeitshilfe des BMF grundsätzlich eine geeignete Schätzungshilfe.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Denn eine Korrektur der vertraglichen Aufteilung kommt nur in Betracht, wenn sie die realen Wertverhältnisse grundsätzlich verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint. Das bedeutet: Grundsätzlich ist die vertragliche Aufteilung der Besteuerung zugrunde zu legen. Das gilt nur dann nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Kaufpreis nur zum Schein bestimmt wurde oder ein Gestaltungsmissbrauch vorliegt.

Eine wesentliche Diskrepanz zu den Bodenrichtwerten ist grundsätzlich ein Indiz dafür, dass die vertragliche Aufteilung die Werte nicht angemessen wiedergibt. Das Finanzgericht hat anhand der Gesamtumstände zu würdigen, ob besondere Aspekte die Abweichung nachvollziehbar erscheinen lassen (Ausstattungsmerkmale, Nutzbarkeit, Straßenlärm, soziale Einrichtungen usw.). Kann die vertragliche Aufteilung nicht zugrunde gelegt werden, hat sie das Finanzgericht durch eine Aufteilung nach den realen Verkehrswerten zu ersetzen. Diese Situation lag hier vor. Denn der vertraglich ausgewiesene Kaufpreis für Grund und Boden (20.000 EUR) weicht erheblich vom Bodenrichtwert (77.713 EUR) ab. Das sind 75 %.

Das Finanzgericht durfte die vertragliche Aufteilung nicht durch die anhand der BMF-Arbeitshilfe ermittelte Aufteilung ersetzen. Denn die Arbeitshilfe genügt nicht den Anforderungen an die Methodenwahl. Es handelt sich um ein vereinfachtes Sachwertverfahren. Damit widerspricht die Arbeitshilfe schon im Ausgangspunkt der Gleichwertigkeit der Bewertungsverfahren (Vergleichswert-, Ertragswert-, Sachwertverfahren). Darüber hinaus weist die Arbeitshilfe einen systemischen Fehler auf, indem bei der Ermittlung des Gebäudewerts der vor allem in großstädtischen Ballungsräumen relevante sog. Orts- oder Regionalisierungsfaktor unberücksichtigt bleibt.

Bei der Neubewertung ist das Finanzgericht i. d. R. gehalten, das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken einzuholen.