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Wann liegt eine umsatzsteuerliche Organschaft vor?

Diese Frage stellte sich auch im Fall vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg. Dieses entschied: Keine Voraussetzung für die Eingliederung einer Personengesellschaft in das Unternehmen des Organträgers ist, dass Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger nur Personen sind, die in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind. Das letzte Wort hat der Bundesfinanzhof.

Hintergrund

Der Kläger ist der Insolvenzverwalter der A Maschinenbau GmbH & Co. KG (KG). Gesellschafter der KG waren im Jahr 2010 die A Maschinenbau Verwaltungs-GmbH als Komplementärin ohne eigenen Kapitalanteil (Komplementär-GmbH) sowie die beiden Kommanditisten VA mit einem Kapitalanteil von 80 % und dessen Sohn SA von 20 %. Mit Beschluss zum 31.12.2011 wurde über das Vermögen der KG das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Über das Vermögen des VA wurde am 16.11.2015 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die in Liquidation befindliche KG gab am 29.12.2015 eine korrigierte Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2010 ab, in der sie keine Umsätze mehr erklärte.

Der Kläger berief sich auf das Bestehen einer Organschaft zwischen VA als Organträger und der KG als Organgesellschaft. Das Finanzamt lehnte dies ab, da neben VA auch sein Sohn SA an der KG beteiligt war und diese deshalb nicht Organgesellschaft sein konnte. Der Annahme einer Organschaft stand auch der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen, da der Kläger sich erst Ende 2015 auf eine Organschaft berufen hatte. Das Finanzamt hatte damit keine Möglichkeit mehr, vor Ablauf der regulären Festsetzungsfrist zum 31.12.2015 VA zum Verfahren hinzuzuziehen. Die Steuerforderung konnte beim vermeintlichen Organträger nicht mehr realisiert werden.

Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Eine GmbH & Co. KG kann – wie vorliegend – unter das Tatbestandsmerkmal “juristische Person” i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG gefasst werden. Die hier streitige finanzielle Eingliederung setzt lediglich voraus, dass der Organträger seinen Willen durch Mehrheitsbeschlüsse in der Organgesellschaft durchsetzen kann. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dürfen Personengesellschaften nur dann von der Organschaft ausgeschlossen werden, wenn dies zur Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen und der Vermeidung von Steuerhinterziehung oder -umgehung erforderlich und geeignet ist. Dafür bestanden hier keine Anhaltspunkte.

Ein Verstoß gegen Treu und Glauben mit der Folge der Verwirkung lag ebenfalls nicht vor. Insbesondere kann dem Kläger nicht vorgeworfen werden, dass er die Geltendmachung der Organschaft bewusst hinausgezögert hatte.