Der Anspruch auf Tantiemen eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers wird grundsätzlich erst mit der Feststellung des Jahresabschlusses fällig. Dies gilt auch dann, wenn der Jahresabschluss verspätet festgestellt wird. Eine fiktive Vorverlegung des Zuflusses darf nicht vorgenommen werden.
Hintergrund
X war im Jahr 2009 beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH sowie Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer weiteren GmbH. Die GmbHs gewährten ihren Geschäftsführern neben dem monatlichen Festgehalt Tantiemen. Diese waren jeweils einen Monat nach Genehmigung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung fällig.
Zum 31.12.2008 wurden in den GmbH-Bilanzen für jeden Geschäftsführer Tantiemen passiviert und im Dezember 2009 wurden die Bilanzen festgestellt. Die Tantiemen 2008 wurden weder im Jahr 2009 noch in den Folgejahren ausgezahlt, sondern im Jahr 2011 auf „sonstige Verbindlichkeiten“ umgebucht.
Das Finanzamt erhöhte für das Jahr 2009 den Bruttoarbeitslohn des X hinsichtlich der Tantiemen.
Das Finanzgericht wies die Klage ab, da die Tantiemen bei einer fristgerechten Feststellung spätestens am 31.12.2009 fällig gewesen wären und deshalb im Jahr 2009 als zugeflossen gelten.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof entschied dagegen, dass der Zufluss der Tantiemen nicht hätte vorverlegt werden dürfen, und gab damit der Klage des X statt.
Dem alleinigen oder jedenfalls beherrschenden Gesellschafter fließt eine eindeutige und unbestrittene Forderung gegen seine Kapitalgesellschaft bereits mit deren Fälligkeit zu. Fällig wird der Anspruch auf Tantiemen grundsätzlich erst mit der Feststellung des Jahresabschlusses. Das gilt aber nur, soweit nicht im Anstellungsvertrag zivilrechtlich wirksam und fremdüblich eine andere Fälligkeit vereinbart ist. Deshalb waren im vorliegenden Fall die Tantiemen aus dem Jahr 2008 nicht im Jahr 2009 zugeflossen.
Die Feststellung der Abschlüsse der GmbHs erfolgte unter Passivierung der Tantiemen im Dezember 2009. Nach den Anstellungsverträgen waren die Tantiemen einen Monat nach Genehmigung des Jahresabschlusses fällig, also erst im Januar 2010. Diese Fälligkeitsvereinbarung ist steuerlich anzuerkennen. Ein fremder Geschäftsführer hätte sich ebenso auf diese Vereinbarungen eingelassen. Ein Monat ist keine unangemessen lange Zeitspanne, um die Liquidität für die Auszahlung herzustellen.
Die Gesellschafter müssen spätestens 11 Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres (d. h. hier am 30.11.2009) über die Feststellung des Jahresabschlusses beschließen. Die verspätete Feststellung der Jahresabschlüsse für 2008 führt jedoch nicht zur Vorverlegung der Fälligkeit und damit des Zuflusses der Tantiemen in 2009. Denn erst die Feststellung des Jahresabschlusses führt zum Entstehen einer Verbindlichkeit. Das gilt selbst dann, wenn die Feststellung des Jahresabschlusses nicht fristgerecht erfolgt ist. Der noch nicht existente Jahresabschluss kann keine (fiktive) Fälligkeit bewirken.