Wer zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist, aber trotzdem keine abgibt, an den verschickt das Finanzamt einen Schätzungsbescheid. Welche Regeln die Finanzämter dabei beachten müssen, hat das Bayerische Landesamt für Steuern in einer Verfügung dargelegt.
Zwangsgeldverfahren ist vorrangig
Die Finanzämter sollen vor dem Erlass eines Schätzungsbescheids grundsätzlich erst ein Zwangsgeldverfahren durchführen, um den Steuerzahler zur Abgabe der Steuererklärung zu bewegen. Erst wenn die Erklärung trotzdem nicht eingeht, soll eine Schätzung erfolgen.
Dabei ist es noch ermessensgerecht, wenn sich das Finanzamt bei steuererhöhenden Besteuerungsgrundlagen (z. B. Einnahmen) an der oberen Grenze des Schätzungsrahmens bewegt und bei steuermindernden Besteuerungsgrundlagen (z. B. Werbungskosten) an der unteren Grenze.
Was die Finanzämter berücksichtigen
Die Finanzämter müssen bei einer Schätzung diverse bereits vorhandene Informationen und Daten einfließen lassen. Das sind z. B. Erkenntnisse aus den Vorjahren, Kontrollmitteilungen, Verlustvorträge und elektronische Daten wie Lohnsteuerbescheinigungen und Rentenbezugsmitteilungen.
Hat ein Steuerbürger bereits erhebliche Steuerrückstände, die voraussichtlich nicht in einem überschaubaren Zeitraum beigetrieben werden können, sollen die Finanzämter ihre Schätzung zukünftig möglichst an der unteren Grenze des Schätzungsrahmens ausrichten.
Vorbehalt der Nachprüfung
Schätzt das Finanzamt einen Steuerzahler wegen der Nichtabgabe einer Steuererklärung, soll die Veranlagung grundsätzlich unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erfolgen. Der Steuerbescheid bleibt damit änderbar und es können auch spätere Erkenntnisse noch berücksichtigt werden.
Der Vorbehalt der Nachprüfung soll erst aufgehoben werden, wenn sie den nachfolgenden Veranlagungszeitraum veranlagen.
Einspruch gegen Schätzungsbescheid
Legt ein Steuerzahler Einspruch gegen einen Schätzungsbescheid ein, ohne gleichzeitig die Steuererklärung nachzureichen, gewähren die Finanzämter keine Aussetzung der Vollziehung und keinen Vollstreckungsaufschub.
Schätzung bei gewerblichen Einkünften und Einkünften aus selbstständiger Arbeit
Bei Einkünften aus Gewerbebetrieb soll das Finanzamt den für die Umsatzsteuer zugrunde gelegten Umsatz heranziehen und darauf einen Reingewinnsatz anwenden, der über dem Mittelwert laut Richtsatzsammlung liegt. Entsprechendes gilt für die Ermittlung der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit.
Schätzung von Kapitaleinkünften
Abgeltend besteuerte Kapitalerträge werden in einer Schätzung nicht berücksichtigt. Die Finanzämter sollen aber Kapitalerträge ohne Steuerabzug (z. B. Zinsen aus Privatdarlehen) bei einer Schätzung erfassen.
Schätzung bei der Umsatzsteuer
Wurde die Umsatzsteuer-Jahreserklärung nicht abgegeben, soll das Finanzamt für die Schätzung die vorangemeldeten Umsätze des Unternehmens laut Umsatzsteuer-Voranmeldungen heranziehen und einen angemessenen Sicherheitszuschlag hinzurechnen. Entsprechendes gilt für die Vorsteuerbeträge. Ergibt sich aus den Voranmeldungsdaten ein nicht unwesentlicher Erstattungsbetrag, sollen die Finanzämter beim Unternehmen vor einer Schätzung zunächst eine Umsatzsteuersonderprüfung durchführen.