Erleidet ein Arbeitnehmer auf der Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte einen Unfall, gehören die damit zusammenhängenden Krankheitskosten zu den Werbungskosten. Die Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale gilt insoweit nicht.
Hintergrund
Die Klägerin erlitt durch einen Verkehrsunfall auf dem Weg von ihrer Tätigkeitsstätte zu ihrer Wohnung erhebliche Verletzungen. Die dadurch verursachten Krankheitskosten machte sie, soweit sie nicht von der Berufsgenossenschaft übernommen wurden, als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend. Das Finanzamt lehnte den Werbungskosten-Abzug ab, da die Aufwendungen mit der Entfernungspauschale abgegolten waren. Die Richter am Finanzgericht sahen das genauso und wiesen die Klage ab.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof dagegen hob das Finanzgerichtsurteil auf und gab der Klage statt. Zwar sind grundsätzlich durch die Entfernungspauschale sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte veranlasst sind. Das gilt für Unfallkosten aber nur, soweit es sich um Aufwendungen des Arbeitnehmers für “die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte”, also um echte Wege- bzw. Fahrtkosten handelt.
Die Abgeltungswirkung erstreckt sich damit nur auf die fahrzeug- und wegstreckenbezogenen Aufwendungen (z. B. Reparaturkosten). Andere Aufwendungen, insbesondere Krankheitskosten, werden von der Abgeltungswirkung dagegen nicht erfasst. Sie sind neben der Entfernungspauschale als Werbungskosten abziehbar. Der Bundesfinanzhof teilt insoweit die Verwaltungsauffassung, nach der Unfallkosten zusätzlich zur Entfernungspauschale als Werbungskosten abziehbar sind.
Nach dem Sinn und Zweck der Entfernungspauschale sollen damit berufliche Mobilitätskosten begünstigt werden. Das folgt aus der wegstreckenbezogenen Bemessung der Pauschale, die insbesondere aus verkehrspolitischen Gründen eingeführt wurde. Krankheitskosten stellen jedoch keine beruflichen Mobilitätskosten dar. Es handelt sich nicht um Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Das gilt auch dann, wenn die körperliche Beeinträchtigung auf einer Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte eingetreten ist. Denn Aufwendungen zur Beseitigung oder Linderung von Körperschäden sind weder fahrzeug- noch wegstreckenbezogen.