Eine umsatzsteuerfreie Heilbehandlung liegt nach Ansicht des Niedersächsischen Finanzgerichts auch dann vor, wenn sich ein Arzt zur Sicherstellung der notärztlichen Behandlung jederzeit zum Einsatz bereithält. Ob der Bundesfinanzhof dieser Einschätzung folgt, bleibt abzuwarten.
Hintergrund
Der Kläger war selbstständig als Allgemeinmediziner und Honorarnotarzt tätig. Er erbrachte in den Jahren 2011 bis 2013 gegenüber einem Notarzt sowie gegenüber einer zentralen Notfallpraxis der Ärzteschaft (ZNP) notärztliche Bereitschaftsdienste. Während der Bereitschaftsdienstzeit erhielt er eine Stundenvergütung unabhängig von der tatsächlichen Anzahl der behandelten Patienten. Das Finanzamt wertete nur die Leistungen des Klägers, die dieser im Rahmen des Bereitschaftsdienstes unmittelbar gegenüber den Patienten erbrachte, als steuerbefreit. Die für die Tätigkeit als Bereitschaftsarzt erhaltenen Vergütungen hielt es dagegen für umsatzsteuerpflichtig, da in diesem Fall keine unmittelbare Heilbehandlung erfolgte. Insbesondere war die Anwesenheit bei Bereitschaft nicht Teil eines konkreten, individuellen, der Diagnose, Behandlung, Vorbeugung und Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienenden Leistungskonzepts.
Entscheidung
Das Finanzgericht entschied, dass die vom Kläger erbrachten notärztlichen Bereitschaftsdienste unter die umsatzsteuerfreien Heilbehandlungen fallen. Der Steuerbefreiung steht nicht entgegen, wenn Leistungen nicht gegenüber Patienten oder Krankenkassen erbracht werden, denn für die Steuerfreiheit kommt es nicht auf die Person des Leistungsempfängers an. Die personenbezogene Voraussetzung der Steuerfreiheit ist allein für den Leistenden maßgeblich, der Träger eines ärztlichen oder arztähnlichen Berufs sein muss. Dies war vorliegend der Fall.
Die von dem Kläger erbrachten notärztlichen Bereitschaftsdienste gewährleisteten eine zeitnahe Behandlung von Notfallpatienten, waren für deren Versorgung unerlässlich, gehören zum typischen Berufsbild eines Arztes und verfolgten daher einen therapeutischen Zweck. Dass der Kläger diese Leistungen nicht direkt an Patienten oder Krankenkassen erbrachte, war für die Steuerfreiheit unschädlich, da es sich bei dem Kläger um einen Arzt handelte. Dass der Kläger gegenüber den Vertragspartnern nur seine bloße Anwesenheit und Einsatzbereitschaft schuldete und hierzu keine weiteren Leistungselemente (z. B. kontinuierliche Rundgänge zur frühzeitigen Gefahren- und Gesundheitsproblemerkennung) hinzukamen, hielt das Finanzgericht für unschädlich.