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Kleinunternehmer und Regelbesteuerung: Im Zweifel muss das Finanzamt fragen

Bestehen Zweifel daran, für welche Besteuerungsform sich ein Kleinunternehmer entschieden hat, muss das Finanzamt nachfragen. Das gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige bei Abgabe der Jahressteuererklärung die Umsatzsteuer nach Allgemeinregeln berechnet hat.

Hintergrund

Im Gründungsjahr 2006 optierte der Kläger zur Regelbesteuerung und berechnete bis einschließlich 2016 die Umsatzsteuer nach der Regelbesteuerung. In den Jahren 2011 und 2012 erzielte er Bruttoumsätze oberhalb der Kleinunternehmergrenze von 17.500 EUR, ab 2013 unterhalb der Grenze von 17.500 EUR. Mit seiner am 25.10.2018 eingereichten Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2017 beantragte der Kläger erstmalig den Wechsel von der Regelbesteuerung zur Kleinunternehmerschaft. In den Rechnungen 2017 wies der Kläger unter Hinweis auf § 19 UStG jedoch keine Umsatzsteuer aus.

Nach Auffassung des Finanzamts war jedoch der Wechsel von der Regelbesteuerung zur Kleinunternehmerschaft für 2017 nicht möglich, da der Kläger innerhalb der letzten 5 Jahre von der Option Gebrauch gemacht hatte und deshalb insoweit gebunden war. Im Jahr 2016 erzielte er zwar nur Umsätze von 4.741 EUR, durch die Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung mit Ausweis von Umsätzen und Vorsteuern war er jedoch wirksam zur Regelbesteuerung optiert. Hieran war er 5 Jahre gebunden, sodass er frühestens ab dem 1.1.2021 zur Kleinunternehmerschaft hätte wechseln können.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab dem Kläger Recht. Zur Begründung führte es aus: Ein Unternehmer kann dem Finanzamt bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung den Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung erklären. Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung bindet dies den Unternehmer mindestens für 5 Kalenderjahre. Ein Verzicht auf die Kleinunternehmer-Besteuerung kann dem Finanzamt gegenüber auch konkludent erklärt werden – z. B. durch Abgabe einer für die Regelbesteuerung vorgesehenen Umsatzsteuererklärung, in der die Umsatzsteuer nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes berechnet und der Vorsteuerabzug geltend gemacht wird.

Bei der Würdigung des konkludenten Verhaltens kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Das Finanzamt muss in Zweifelsfällen den Kleinunternehmer fragen, welche Besteuerungsform er anwenden will. Verbleiben Zweifel, kann eine Option zur Regelbesteuerung nicht angenommen werden.

Davon ausgehend löste allein die Abgabe der Jahressteuererklärung 2016 mit Berechnung der Umsatzsteuer nach allgemeinen Regeln keine erneute 5-jährige Bindungsfrist für den Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung aus, wenn die Frist nach einer erstmaligen Option bereits abgelaufen war. Der Kläger hatte bereits erstmals im Gründungsjahr 2006 auf die Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung verzichtet. Die hierdurch ausgelöste 5-jährige Bindungswirkung war bereits Ende 2010 ausgelaufen. Ab da bestand für den Kläger jährlich die Möglichkeit des Widerrufs des Verzichts auf die Steuerbefreiung. Einen Widerruf hat der Kläger jedoch erstmalig für das Streitjahr 2017 mit der Steuererklärung 2017 erklärt.

Dass der Kläger zwischenzeitlich wegen Überschreitung der Vorjahres-Umsatzgrenze von 17.500 EUR für 2012 und 2013 kein Kleinunternehmer mehr war, führte entgegen der Auffassung des Finanzamts nicht dazu, dass nach erneutem Eintritt der Kleinunternehmervoraussetzungen aufgrund der Abgabe von Umsatzsteuer-Jahreserklärungen ein Neubeginn der 5-jährigen Bindungsfrist angenommen werden konnte.